Ulrich Schwarz, Absolvent Produktion

Auf eine Obstplatte mit Ulrich Schwarz

Lieber Ulrich, wie kam es dazu, dass du nach der Filmakademie vor allem international gearbeitet hast?

Ich hatte schon während meiner Zeit an der Filmakademie das Glück, mit Hans-Hinrich Koch in der Firma AV INDEPENDENTS in Ludwigsburg zusammenzuarbeiten. Die AV INDEPENDENTS war damals ein Start-Up und hatte den ersten großen Event-Film TSUNAMI bei ProSiebenSat.1 realisiert. Dort habe ich die erste berufliche Luft geschnuppert. Und während der Arbeit dort auch gemerkt, dass im deutschen Markt vieles sehr begrenzt ist. Also habe ich geschaut, was man noch machen kann, um internationale Erfahrungen zu sammeln. An der Filmakademie wurde damals bereits der Hollywood-Workshop angeboten, bei dem ich das Glück hatte, teilnehmen zu können. Und dieser Workshop hat mich irgendwie „angefixt.“ Nach dem Kurs habe ich mich dann gefragt: Was kann ich in den zwei Monaten, die mein Visum noch läuft, in Los Angeles noch tun?

Und?

Ich bin bei Wolfgang Petersen im Büro in Santa Monica vorbeigegangen und habe da einfach an die Türe geklopft. Er stand sogar selbst vor mir und ich habe gesagt: „Hallo, ich komme von der Filmakademie in Ludwigsburg. Ich habe zwei Monate Zeit. Was kann ich helfen?“ (lacht) Zu diesem Zeitpunkt war er gerade in der Vorproduktion des Films TROJA mit Brad Pitt. Und dann habe ich die Möglichkeit bekommen, dort acht Wochen lang mithelfen zu können. Und - eines Tages tauchte sogar Brad Pitt selbst im Office auf. Es war unglaublich, dass das alles damals stattgefunden hat (lacht). Das lag letztlich eben auch an der Filmakademie und dem Hollywood-Workshop.

Du hast nach deinem Abschluss an der Filmakademie einige Jahre in Los Angeles gelebt und gearbeitet. Was hat dich dann wieder dazu bewogen, nach Deutschland zurückzukehren?

Ich habe mich neben dem MFA, den ich an der UCLA gemacht habe, damals gut in das amerikanische Filmsystem eingearbeitet, war beispielsweise bei WARNER INDEPENDENT PICTURES. Das war wie AV INDEPENDENTS auch ein Start-Up, zumindest im Studiosystem der USA. Und jedes Jahr wieder kamen damals die Studenten der Filmakademie aufgrund des Hollywood-Workshops nach Los Angeles, die ich dann dort auch getroffen habe. Letztlich ist also der Kontakt zur Filmakademie auch während meiner Zeit in Los Angeles nie abgerissen. Dadurch ist auch der familiäre Gedanke immer da gewesen, ein „Filmakademie-Alumni“ zu sein. So hatte ich auch noch Kontakt zu Petra Mosselman. Das war die Assistentin von Albrecht Ade. Sie war ein großer Kommunikator und hat mich wieder mit Nico Hofmann in Verbindung gebracht. Sie wusste, dass ich im Hollywood-Geschehen aktiv bin und dass er die Firma UFA CINEMA mit Wolf Bauer gründen will. Und dann haben Nico und ich uns auf eine große Obstplatte getroffen (lacht). Und er hat mir von seiner Vision erzählt, von dem, was er vorhat. Das fand ich spannend, weil die Projekte international sein sollten, also internationales Kino. Und außerdem kommt meine kreative Seele ja eigentlich aus dem europäischen Raum, und deshalb war das verlockend für mich, wieder zurückzukehren.

Was kam in Deutschland dann auf dich zu?

Ein großer Grund, warum ich wieder nach Deutschland zurückgegangen bin, war vor allem auch, dass ich bei der UFA CINEMA das internationale Projekt DER MEDICUS betreuen konnte. Und witzigerweise hatte ich schon während meiner Zeit an der Filmakademie die Rechte dafür angefragt. Als ich es dann als Creative Producer für die UFA machen konnte, hatte ich das Gefühl, das Projekt ist zu mir zurückgekehrt. Und im Gegensatz zu meiner damaligen Situation als Student habe ich im Verbund mit der UFA gesehen: Das könnte klappen! Ich bin also quasi auch dem Lockruf des MEDICUS gefolgt.

Jetzt beginnst du bei RISE, dem größten Anbieter für Visual Effects in Berlin, ein neues Kapitel. Was hast du vor?

Ich bin ein Start-Up Guy. Und ein unglaublicher Teamplayer – auch privat im Handball zum Beispiel. Ich funktioniere im Team besser, kann mit einer gemeinsamen Vision am besten arbeiten. Deshalb bin ich bei RISE PICTURES gelandet. Bei RISE wird auf dem höchsten Niveau gearbeitet. Aktuell beispielsweise an Tom Tykwers BABYLON BERLIN, und zu den vergangenen Produktionen gehören AVENGERS - AGE OF ULTRON, CAPTAIN AMERICA: CIVIL WAR und HARRY POTTER. Es ist quasi Klein-Hollywood an der Spree (lacht). Wir haben uns ein Jahr lang Gedanken über eine Strategie gemacht. Darüber, wie man eine Filmproduktionsfirma unter dem RISE-Banner etablieren kann, also einen eigenen Produktionsarm gründen kann. Im Juni haben wir RISE PICTURES dann gegründet. Wir beschäftigen uns hauptsächlich mit dem internationalen Kino und internationalen Serien, aber auch bewusst mit dem europäischen und deutschen Kino. Der Anspruch soll sein, über die Grenzen hinweg für das Publikum zu produzieren und auszuwerten. Und das ist nun wirklich zusammen mit RISE meine ganz persönliche Herzensangelegenheit, bei der übrigens auch Sven Pannicke dabei ist, auch ein Filmakademie-Alumnus. Es ist super und sehr motivierend. Hier kann ich selbst gestalten und vor allem alles anwenden, was ich gelernt und mir erarbeitet habe.

Was würdest du den „Filmemachern von morgen“ gerne mitgeben? Gibt es etwas, was dich selbst angetrieben hat?

Die Leidenschaft dafür, über den Tellerrand hinaus zu gucken. Man muss einfach mal den Horizont erweitern, mal ein Praktikum im Ausland machen zum Beispiel. Wenn du spannende Geschichten erzählen willst, kannst du nicht einfach nur in deinem Umfeld bleiben. Du musst andere Lebenswelten erleben. Das Geschäft wird zunehmend internationaler. Um sich dafür zu wappnen, musst du internationales Erfahrungsgut haben. Du musst wissen, wie es in anderen Ländern funktioniert, damit du auch bei größeren Projekten eine Rolle spielen kannst. Und es gibt einen schlauen Spruch von Alfred Adler, der für mich sehr wichtig ist: Das Leben birgt nur eine wirkliche Gefahr - zu viel Vorsicht. Das gilt, finde ich, für das Arbeitsleben gleichermaßen. Man muss zupacken.

Alumni-Profil

DAS INTERVIEW FÜHRTE: Elena Preine

Foto Ulrich Schwarz: © Keziban Inal

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A fruit platter with Ulrich Schwarz

Hello Ulrich, how is it that you've mainly worked on an international level since graduating from the Film Academy?

I was lucky to work with Hans-Hinrich Koch at AV INDEPENDENTS in Ludwigsburg during my time at the Film Academy. AV INDEPENDENTS was a start-up at the time and made the first big event film TSUNAMI for ProSiebenSat.1. That's where I got my first taste of the business. And also saw during my work there that everything is very limited in the German market. So I looked to see what one could still do to get some international experience. The Film Academy was already offering the Hollywood Workshop at the time, and I was lucky to be able to take part. This workshop got me somehow „hooked“. Following on from the course, I then asked myself: what can I do in Los Angeles in the two months that my visa is still valid?

And?

I walked to Wolfgang Petersen's office in Santa Monica und simply knocked on the door. He was the one who opened the door and I said: „Hello, I'm from the Film Academy in Ludwigsburg. I have two months left. What can I do to help?“ (laughs) At this point, he was just in the preproduction for the film TROY with Brad Pitt. And then I got the opportunity to work there for eight weeks. Even Brad Pitt himself turned up at the office on one occasion. It was incredible that this all happened back then (laughs). That was ultimately also thanks to the Film Academy and the Hollywood Workshop.

You lived and worked in Los Angeles for several years after your graduation from the Film Academy. What then made you decide to come back to Germany?

I got to learn the ropes in the American film system in addition to doing my MFA at UCLA, working, for example, at WARNER INDEPENDENT PICTURES. That was also a start-up like AV INDEPENDENTS and was at any rate in the US studio system. And then each year saw more students from the Film Academy coming to Los Angeles because of the Hollywood Workshop, and I would also meet them there. So, ultimately, the contact to the Film Academy was never severed even during my time in Los Angeles. Consequently, there was always the familiar feeling of being a „Film Academy alumnus“. And I was still in contact with Petra Mosselman. She was the assistant of Albrecht Ade. She was a great communicator and brought me back into contact with Nico Hofmann. She knew that I was active in the Hollywood scene and that he was wanting to set up UFA CINEMA with Wolf Bauer. And then Nico and I met over a large fruit platter (laughs). He told me about his vision and what he was planning. I found this really exciting because the projects were going to be international, and therefore international cinema. What's more, my creative soul actually comes from the European area, and so it was tempting for me to come back.

What kind of work came to you in Germany?

A main reason why I came back to Germany was especially because I could oversee the international project THE PHYSICIAN (DER MEDICUS) at UFA CINEMA. And, funnily enough, I had already enquired about the rights to the film during my time at the Film Academy. When I was then able to make it for UFA serving as the Creative Producer, it felt like the project had come back to me. And, unlike my situation back then as a student, I saw  in association with UFA that this could work! So, I'd in a way followed the call of the physician.

And now you are beginning a new chapter at RISE, the largest provider of visual effects in Berlin. What are your plans?

I am a start-up guy. And an incredible team player – which I am as well on a private level when I'm playing handball, for example. I function better in a team and best of all when I'm working with a joint vision. That's why I ended up at RISE PICTURES. They work at the highest level at RISE and are currently handling Tom Tykwer's BABYLON BERLIN. Past productions include AVENGERS - AGE OF ULTRON, CAPTAIN AMERICA: CIVIL WAR and HARRY POTTER. It's a kind of little Hollywood on the Spree (laughs). We spent more than a year thinking about a strategy. About how we can establish a production company under the RISE banner, i.e. an in-house production arm. We then founded RISE PICTURES in June. We are principally working on international cinema and international series, but also consciously on European and German cinema.

The aim is to produce and distribute for audiences across borders. And that is now really a matter very dear to my own heart at RISE, where Sven Pannicke, another alumnus from the Film Academy, is also onboard. It is super and very motivating. This is a place where I can shape things myself and, above all, apply all those things that I've learnt and taken on.

What would you like to tell the „filmmakers of tomorrow“? Is there something that has personally „driven“ you?

The passion for looking out of the box. You just have to expand your horizon and do something like an internship abroad. If you want to tell interesting stories, you can't just stay in your own surroundings. You have to experience other worlds. Business is becoming increasingly international. You have to have international experience in order to meet this challenge. You have to know how things function in other countries so that you can also play a role on larger projects. And there's a wise saying by Alfred Adler that is very important for me: “The chief danger in life is that you may take too many precautions.“ I believe this also applies to your professional life. You have to knuckle down.