Stefan Habel, Absolvent Animation/Technical Director
Weit mehr als bloße Mathematik
Stefan Habel sagt, er habe immer schon die Nähe zum Film gespürt: Vor seiner Zeit an der Filmamakdemie inspirierten und interessierten ihn vor allem Filme wie STARGATE, INDEPENDENCE DAY und GODZILLA - zum Ende der Neunziger allesamt als Eventkino vermarktete Blockbuster.
Besonders angetan war Habel zu jener Zeit INDEPENDENCE DAY von 1996. „Der Film hat mich schließlich umgehauen“, schwärmt der Filmfan, die Effektshow mit Surround-Sound begeisterte ihn bis zum Kopfschmerz.
In einem ZDF-Bericht hörte Stefan Habel das erste Mal von Volker Engel, dem Mannhinter den bombastischen Effekten seines Lieblingsfilms, und dessen Verbindung zurFilmakademie Baden-Württemberg. „Ich bekam mit, dass Volker Engel damals bereits gut in Hollywood unterwegs war, und da war mir ziemlich schnell klar: Das will ich auch machen!“, berichtet er. Habel erkannte, dass sich sein Interesse für Filme mit dem für Informatik innerhalb des weiten Gebietes der Visuellen Effekte offenbar wunderbar verbinden ließ. Plötzlich konnten beide Leidenschaften zusammenfinden.
Während Filme wie TERMINATOR 2 und JURASSIC PARK in den Kinos liefen, schlug Stefan Habel vorerst allerdings einen anderen Werdegang ein, verlor dabei aber weder das US-amerikanische Actionkino noch den Berufszweig der Effects-Branche aus den Augen. Er studierte zunächst an der Fachhochschule Wedel. Er beschäftigte sich mit Hard Surface Modeling und vertiefte sein Wissen in der 3D-Software. Schließlich führte ihn ein Praxissemester nach Ludwigsburg, wo er auch die Studienvertiefung Technical Directing kennenlernte. Hier arbeitete er erstmals an Filmprojekten mit und brachte sein frisches Wissen ein, und am Ende seines Praxissemesters war Habel klar, dass er sich am Animationsinstitut der Filmakademie bewerben würde.
Nach seinem FH-Diplom in Media Computer Science fand er schließlich als Student für Technical Directing an die Filmakademie Baden-Württemberg zurück und kümmerte sich neben 3D-Animationsfilmprojekten hauptsächlich um Visual Effects für Realfilme, wobei für ihn der technische Aspekt meist im Vordergrund stand. „Trotzdem gehört zu jeder Simulation auch eine Animation, die nicht nur auf Mathematik beruht, sondern auf der eigenen Beobachtungsgabe für Bewegungen, dem Gefühl für Timing, Rhythmus, Schwerkraft und irgendwo auch dem Wunsch nach Ästhetik“, meint Stefan Habel und erkennt so in der Technik auch einen gestalterischen und künstlerischen Aspekt.
Seine Zeit am Animationsinstitut verbrachte Stefan Habel mit fachübergreifender und enthusiastischer Arbeit an Projekten. Bis heute schätzt er die engmaschigen Verbindungen zu den Mitstudierenden, mit denen er auch viel Freizeit teilte, doch die Begeisterung für die Arbeit hielt ihn die ein oder andere Nacht an seinem Arbeitsplatz im Institut. Seine Filmografie ist von Arbeiten als Effects TD dominiert, doch immer wieder findet Habel auch zur gestalterischen Ebene zurück. Er scriptet unter anderem in den Software-Programmen Maya, Python und arbeitet in Houdini.
Auch die Forschungsabteilung R&D (Research & Development) interessiert den jungen Technical Director: Diverse Tools und Plugins für Autodesk Maya, ein Filmakademie Application Framework, sowie das Facial Animation Toolset gehören zu seinen Projekten, die er für die Nutzung am Animationsinstitut umsetzte. Er wurde zum Software Engineer und UI (User Interface) Designer. Sein Interessensgebiet wurde enger – es ging weniger um klassische Animationsfilme, sondern Habel legte sein Hauptaugenmerk auf Visuelle Effekte für Realfilm: „Weniger PIXAR, dafür mehr ILM!“
Der Branchentreff FMX im Jahr 2005 brachte den TD-Studenten schließlich das erste Mal in direkten Kontakt zur Branche. Den sogenannten Recruiting Desk auf der jährlichen FMX legt Stefan Habel jedem Studenten ans Herz und betont die Wichtigkeit, sich ein eigenes, kleines Personennetzwerk aufzubauen, welches auf dem Markt Gold wert sei. Das Animationsinstitut hilft dabei, denn die Branche ist recht klein, Angestellte wechseln oft unter den Firmen und man sieht sich immer zweimal.
So mancher Recruiter, der sich auf der FMX sehen lässt, schaut sich zudem die Diplomprüfungen an. Auch Stefan Habel bringt sich ins Gespräch und findet nach seinem Diplom schnell Arbeit.
„Natürlich gibt es auf all die vielen Projekte der Filmakademie verteilt immer noch zu wenige Technical Directors an der Hochschule, aber das spiegelt auch die Realität der Branche ein Stück weit wieder“, berichtet der Alumnus. Das Animationsinstitut sorge für eine solide Basis an Wissen, trotzdem sei es ein langer Bildungs- und Karriereweg, der niemanden davor verschone, sich nach dem Studium auf die jeweils gewünschte Jobposition hochzuarbeiten. Doch gerade in leitenden Positionen ist eine fundierte Ausbildung, wie sie die Filmakademie verspricht, äußerst wertvoll und vorteilhaft. Die Filmakademie hat einen hervorragenden Ruf, und das weltweit.
Am Animationsinstitut realisierte er Projekte wie THEY WILL COME TO TOWN (2008) von Thilo Ewers und sein Diplom MOBILE von Verena Fels. Heute lebt Stefan Habel in London. Zuletzt arbeitete er für das Posthaus Framestore. Inzwischen ist er bei dem branchennahen Softwareentwickler The Foundry als Product Designer und Software Engineer angestellt und beschäftigt sich mit der Software KATANA, einem professionellen Lighting-Tool für 3D-Szenen. Präzise, schnell und effizient lassen sich ganze Szenen für 3D-Animationsfilme oder gar Kreaturen, Sets und Objekte zur Integration in Realfilme leuchten. KATANA verzeiht dabei problemlos das Austauschen einzelner Assets und 3D-Modelle und ist aufgrund seiner Oberflächengestaltung besonders userfreundlich. Vorausgesetzt natürlich, man kennt sich mit Lighting & Shading grundsätzlich aus – so wie Stefan Habel.
Autor: Sebastian Ingenfeld
Foto: © Rory Lewis