MICHAEL SCHRANNER, Absolvent Bildungs- und Wissenschaftsfilm

Mit Filmen die Welt vereinfachen

Dinge zeigen, die sonst verborgen bleiben: Für Michael Schranner ist der Film das perfekte Medium, um Wissen zu vermitteln. Deshalb entschied sich der Diplombiologe für das Projektstudium Bildungs- und Wissenschaftsfilm (heute: Fernsehjournalismus) an der Filmakademie und gründete kurz nach dem Studium eine Produktionsfirma.

Dass mit Michael Schranner ein waschechter Biologe vor einem sitzt, bemerkt man spätestens, wenn man ihn darauf anspricht, welche Themen ihm am Herzen liegen. Dann gerät er ins Schwärmen von der Elektrorezeption bei Fischen, der Flora und Fauna Kroatiens oder der Biodiversität des Great Barrier Reefs.

Doch statt im Wald nach seltenen Bodenbegebenheiten zu forschen, traf sich Michael heute mit einem seiner Auftraggeber im Haus der Wirtschaft in Stuttgart. Wie er zum Film gekommen ist? Man könnte sagen, weil er Barrieren abbauen wollte: Auf Konferenzen der Neurowissenschaft fiel Michael auf, dass die meisten Experten ihr wertvolles Wissen nicht klar kommunizieren können. Michael forschte seinerzeit am Institut für Neurobiologie der LMU München, spielte mit dem Gedanken zu promovieren. "Dann habe ich diesen Film gesehen, THE INNER LIFE OF A CELL. Zum ersten Mal hatte ich eine plastische Vorstellung vom Aufbau einer Zelle, obwohl ich vorher schon hunderte Abbildungen und Mikroskopien gesehen hatte."

Diese Macht des Films wollte er nutzen. Wie der Zufall es wollte, hing an seiner Universität ein Werbeplakat seines späteren Studienschwerpunkts an der Filmakademie aus. 

Heute macht er selbst Filme, wie sie ihn damals inspirierten: Filme, die komplexe Themen einfach vermitteln. Das ist auch das Motto von aha! film. Im Portfolio seiner Produktionsfirma, die Michael im Mai 2013 mit seinem Kommilitonen Robin Wuchter gegründet hat, finden sich vor allem Filme aus dem Bildungsbereich, also für Schulen und Universitäten, aber auch Werbespots fürs Kino und Fernsehdokumentationen, die aha! film koproduziert.

"90 Prozent unserer Produktionen entstehen fürs Internet", sagt Michael, "wir setzen bewusst auf ein klares Profil, und dafür schätzen uns unsere Kunden."

Auf die Idee einer eigenen Produktionsfirma kamen Michael und Robin während der Arbeit an einem gemeinsamen Projekt: dem stud-o-mat, einer Plattform zur Studienorientierung. Michael bestritt damit sein Diplom, Robin setzte einen Teil der Beiträge als Viertjahresprojekt um. "Robin und ich sind schon eine ungewöhnliche Kombination", erzählt Michael, "hier der Biologe mit Affinität zu Naturfilmen und dort der Betriebswirt." Als sich das Team gefunden hatte, nahm der stud-o-mat Fahrt auf: Aus dem Diplomprojekt ergibt sich ein Auftrag für eine Hochschule, die heute zu den wichtigsten Auftraggebern von Michael und Geschäftspartner Robin Wuchter zählt. Bei einem Pitch für Drittmittelprojekte kamen Hochschule und Filmemacher zusammen.

Schon bald übersteigt die Zahl der Aufträge die Kapazitäten des Kreativ-Duos, und sie entscheiden sich, eine Produktionsfirma zu gründen. In der Anfangszeit führte Michael noch selbst Regie. Heute kümmert er sich als Redaktions- und Herstellungsleiter gemeinsam mit seinem Kollegen Robin vor allem um die Ausrichtung der Firma und die Organisation der Projekte. "Eineinhalb Jahre nach unserer Gründung hatten wir den Punkt erreicht, an dem wir unser Team vergrößern mussten, um die vielen Aufträge händeln zu können", erzählt Michael. Dabei setzen die beiden auf das Netzwerk der Filmakademie: Einige ehemalige Kommilitonen, darunter Regisseure, Producer und Motion Designer, sind regelmäßig an Bord. Bei ihren Produktionen greifen Michael und Robin gerne auf 2D-Animationen zurück – für sie eines der direktesten Elemente für klare Informationsvermittlung.

aha! film findet man mittlerweile an zwei Standorten: im Salamander-Areal in Kornwestheim, wo alles seinen Anfang nahm, und in Augsburg, wo Michael meistens arbeitet. "Wir haben ein schönes, 60 Quadratmeter großes Altbau-Büro mit Industriecharme", erzählt er stolz. Im Gegensatz zu manch einem Kollegen trifft man Michael dort jeden Tag zu denselben Zeiten an. "Ich habe einen sehr geregelten Arbeitsalltag, stehe um sechs Uhr auf und fahre abends wieder nach Hause." Michael scheint er zu gelingen, der Spagat zwischen Karriere und Familie. Seine Devise: Prioritäten setzen und sich daran halten. "Mit guter Planung kann jeder sich Freiräume im Job schaffen", ist er überzeugt. Nach der Geburt seines ersten Kindes räumte er sich zwölf Monate Elternzeit ein – als Geschäftsführer einer Produktionsfirma eine mutige Entscheidung. Dass Michael ein Händchen für Work-Life-Balance hat, bewies er schon während des Projektstudiums an der Filmakademie: "Wir schneiden nicht am Wochenende" war sein Credo, an das er sich bis zuletzt immer gehalten hat. Statt, wie im Projektstudium geläufig, ein Urlaubsjahr einzulegen, reichte er seine Diplomarbeit einen Monat vor der Deadline ein, um den geplanten Thailandurlaub einzuhalten.

Den Übergang vom Studium ins Vollzeit-Berufsleben empfand Michael als Befreiung. Unabhängig zu sein vom "Aka-Publikum", sich voll und ganz den Projekten widmen zu können: Darin geht Michael auf. Dass er in seiner Rolle als einer von zwei Geschäftsführern loslassen, delegieren und den Mitarbeitern volles Vertrauen schenken muss, empfindet er als Bereicherung. "Statt wie vorher monatelang in ein Projekt eingebunden zu sein, erhalte ich Einblick in so viele unterschiedliche Filmprojekte und kann meinen Fokus auf Meilensteine richten. Wenn ein Auftrag mal nicht so spannend ist, geht das schneller rum", erzählt er und grinst.

Wer so gut organisiert ist wie Michael, hat natürlich auch klare Vorstellungen von der beruflichen Zukunft. Langfristig will er gemeinsam mit Geschäftspartner Robin in den Bereich Lehre einsteigen. Erste Gehversuche hat er schon unternommen: An der Hochschule Augsburg, der Filmakademie und der Volkshochschule hat er bereits Vorträge gehalten. Und seit einigen Wochen betreuen er und Robin die Masterarbeit eines Studenten der Pädagogischen Hochschule Freiburg. "Ich finde es unheimlich wichtig, nicht nur Filme zu machen, sondern zu hinterfragen und zu lernen, wie sie gemacht werden", sagt er dazu. Auch ein Lehrbuch planen Robin und Michael. Eigentlich naheliegend: Die Experten des Erklärfilms erklären das eigene Metier.

Autorin: Ana-Marija Bilandzija