Márk Szilágyi, Absolvent Produktion / Serien Producing

„Lieber aufrecht gehen, statt geduckt stehen.“

Nach seinem Studium an der Filmakademie in Ludwigsburg zog der Produktions-Absolvent Márk Szilágyi in das fast 10.000 Kilometer weit entfernte Ruanda. Dort arbeitet er heute für die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) als Entwicklungshelfer mit am Aufbau der Film- und Medienwirtschaft im Land.

Langfristig etwas schaffen

“Ich würde mir wünschen, dass ich mit den Leuten, mit denen ich hier zu tun habe, langfristig etwas schaffe”, sagt Márk Szilágyi während unseres Skype-Gesprächs, das mehrmals abbricht. Manchmal, wenn der Strom ausfällt, fragt er sich schon, wie es wäre, in einem Büro in Berlin-Kreuzberg zu sitzen. Aber seine Arbeit in Ruanda ist ihm wichtig geworden. “Es ist schon so etwas wie Idealismus dabei”, sagt er und klingt dabei vorsichtig. Ein großes Wort, das er spärlich benutzt. Letztlich sollen Arbeitsplätze geschaffen werden, um den Jugendlichen im Land eine Perspektive zu geben. Dabei unterstützt Márk im Rahmen des Ruandisch-Deutschen Programms Wirtschafts- und Beschäftigungsförderung, das die GIZ im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung umsetzt. "Da es kaum ruandische Filme gibt, lieben die Menschen in Ruanda lokale Produktionen, die ihren Alltag widerspiegeln”, erklärt er in Bezug auf Film und Medien.

Tell your own story in your own language to your own people

Filmemacher Volker Schlöndorff unterstützte das Projekt, für das Márk Szilágyi nach seinem Studium die Reise nach Ruanda antrat. Gemeinsam mit dem Kwetu Film Institute sollte die Kwetu Film School als eine der führenden Institutionen für Film und Fernsehen in Zentral und Ost-Afrika etabliert werden. Auch die GIZ war an dem Projekt beteiligt, und so blieb er länger als anfangs angenommen in Ruanda und begann bei der GIZ. Volker Schlöndorff, so Márk, hat einmal gesagt: “Tell your own story in your own language to your own people”. Er mag diesen Leitsatz und möchte dazu beitragen, “dass die Produktionsfirmen hier langfristig etwas auf die Reihe kriegen. Dass sie einen ruandischen Film oder eine ruandische Serie herstellen. Etwas, das die Menschen in Ruanda erreicht.“ Keine leichte Aufgabe in einem Land, in dem nur 28% der Haushalte Strom haben und die Produktionsfirmen für die Screentime bei den Sendern bezahlen müssen.

Ruandische Film- und Medienprojekte

Derzeit verfolgt Márk unterschiedliche Projekte in Ruanda. Die Entwicklung von Games gehört ebenso dazu wie Animationsprojekte und ein Setbau-Workshop, bei dem es um die Weiterbildung von Handwerksberufen in Richtung Film geht. Zudem kümmert er sich um die Beratung von örtlichen Produktionsunternehmen, die einen Business-Plan oder eine Strategie brauchen. Er hofft, damit den Markt zu stärken. Ein Projekt, das ihm persönlich aber sehr am Herzen liegt, ist die Entwicklung einer ruandischen Serie. Márk glaubt, dass die Erzählweise der fortlaufenden Geschichte sehr gut zu den Ruandern passen würde. Und dass sie über die Mobilfunkanbieter auch viele Leute erreichen könnte. “Warum baut ihr nicht noch einen neuen Brunnen? Was will man in Ruanda mit Entertainment?”, fragen ihn manche Leute. Márk Szilágyi antwortet dann, dass er überzeugt davon ist, dass “die Macher der Serie von der Produktion leben und wiederum Leute anstellen könnten.”

Lieber aufrecht stehen, statt gebückt stehen

Mit dem Metier der Serie kennt der gebürtige Ungar sich gut aus. Nach seinem Studium der Medienplanung, -entwicklung und –beratung an der Universität Siegen bewarb er sich an der Filmakademie in Ludwigsburg und belegte den Kurs Serien Producing. “Ich gucke lieber einem Charakter zu, den ich schon seit Jahren kenne”, sagt er. “Der ist dann so etwas wie ein Teil meiner Familie.” Mit der Webserie REDLAND hat Márk im Jahr 2014 sein Diplom gemacht. In der SciFi-Geschichte, die im Jahre 2089 spielt, herrscht Kommunismus in der letzten großen verbleibenden Stadt nach dem Dritten Weltkrieg. Zuvor produzierte er während seines Studiums die Dokumentation WO DU STEHST, die sich mit der Stasi und ihren Opfer zwanzig Jahre nach der Wende auseinandersetzt und bei Phoenix und vom MDR ausgestrahlt wurde. “Lieber aufrecht gehen, statt gebückt stehen” ist das Thema, das Márk für sich selbst mit seinen Filmakademie-Projekten in Verbindung bringt.

Herz und Finanzen

Seine Studienzeit hat Márk Szilágyi sehr genossen. An der Filmakademie hat er vor allem gelernt, “wie man kreativ im Team arbeitet”. Dafür, sagt er, “muss man sein Herz öffnen.” Ganz besonders in der Zusammenarbeit mit Autoren fand der ehemalige Produktions-Studierende es wichtig, “dass man sich irgendwie gegenseitig fühlt. Dann findet man auch relativ schnell heraus, wohin es gemeinsam mit einem Projekt gehen soll.“ Und noch etwas hat er gelernt: „Man muss nicht immer jede Rechnung sofort bezahlen”, erzählt er lachend. Am Anfang seines Produktionsstudiums hatte er Schwierigkeiten, überhaupt einzuschlafen, wenn das Projekt kurzfristig Over-Budget war. Heute behält er stattdessen den Cash-Flow im Auge und fühlt sich motiviert. Er sagt sich dann: “Jetzt strenge ich mich umso mehr an, um das Geld aufzutreiben. Ich verfalle nicht mehr in Panik.“

Weitere Tropfen für die ruandische Film- und Medienwirtschaft

Bis zum Jahr 2017 ist Márk beschäftigt mit seiner Arbeit in Ruanda und dem Aufbau der Filmkommission im Land. Zudem reist er mit seiner Diplomserie REDLAND zu verschiedenen Festivals. Das Filmfestival in Ruanda, sagt er, bietet momentan den wirklich guten ruandischen Content. Ganze Dörfer kommen zusammen, um auf aufblasbaren Leinwänden dem Filmgenuss zu frönen. Trotzdem, sagt Márk Szilágyi, sei das noch “ein Tropfen auf dem heißen Stein.” Damit das nicht so bleibt, arbeitet er zusammen mit der GIZ Ruanda, dem Kwetu Film Institute, der Deutsche Welle Akademie und dem Europäischen Filmzentrum Babelsberg auch in naher Zukunft daran, die junge ruandische Film- und Medienwirtschaft ein gutes Stück voran zu bringen.

Alumni-Profil

Autorin: Elena Preine