Katharina Fiedler, Absolventin Montage/Schnitt

„Beim Schneiden eines Dokumentarfilms mag ich besonders, dass man immer irgendwo im Material diese ehrlichen Momente findet“

Katharina Fiedler lebt seit ihrem Abschluss an der Filmakademie 2011 als freiberufliche Filmeditorin in Berlin. METAMORPHOSEN (Regie: Sebastian Mez), ihr erster Film nach dem Studium, lief auf über 40 nationalen und internationalen Filmfestivals und gewann zahlreiche Preise. Premiere feierte der Dokumentarfilm auf der Berlinale 2013 in der „Perspektive Deutsches Kino.“

Katharina wollte eigentlich zunächst Bildgestalterin werden. Schon früh hat sie fotografiert und gefilmt. Während andere auf dem Schulausflug Schlitten fuhren, filmte sie das Ganze. Zum Abitur bekam sie von ihrem Opa dann eine Leica-Kamera geschenkt.

Dass sie Filme machen wollte, stand seit ihrem ersten Besuch der Biberacher Filmfestspiele 1996 fest. „Ich habe Tom Tykwers Filme geliebt und war immer begeistert, wenn Filmemacher über ihre Filme gesprochen haben.“ So entschied sie sich 2003 für eine Ausbildung zur Mediengestalterin Bild und Ton mit dem Schwerpunkt Montage bei der Frey Film GmbH in Ravensburg. Die Filmakademie war und blieb dabei immer ihr Traum. Nach ihrer Ausbildung absolvierte sie noch ein Jahr lang verschiedene Praktika, angefangen von der Produktionsassistenz, über Kameraassistenz, bis hin zur Tonassistenz. „Ich wollte einfach sicher sein, dass ich mich für das Richtige entscheide.“

Sie war auf Mallorca bei einem Schnitt-Intensivkurs, als der Anruf ihrer Eltern kam, dass sie zum Bewerbungsverfahren an der Filmakademie eingeladen worden sei. Während des Aufnahmegesprächs, in dem sie ihren 72-Stunden-Film vorstellte, dachte sie, es sei gelaufen. „Ich mochte meinen Film zwar sehr gerne, aber er war komplett ohne Dialog und sehr langsam geschnitten. Und zu guter Letzt hat man mir meine DVD einfach danach in die Hand gedrückt.“ Geklappt hat es dann trotzdem, und sie wurde Teil der Gemeinschaft, die sie immer so bewunderte. „Der Druck war definitiv groß, denn an einer Filmhochschule treffen zahlreiche Filmemacher aufeinander. Man ist kein Exot mehr, sondern einer unter vielen, und das stachelt an.“

So war vor allem das erste Studienjahr aufregend, weil Katharina nun das machen konnte, was sie immer wollte. Gleichzeitig aber war es auch zeitraubend und kräftezehrend. „In den ersten Semestern haben wir uns oft die Nächte in den Schnitträumen um die Ohren geschlagen, um morgens um 10 Uhr die Erstjahresfilme fertig zu haben. Oftmals wurde der Schlaf während der Präsentationen nachgeholt“, erzählt sie lachend. 

Auch wenn sie sich mit dem Studium an der Filmakademie einen Traum erfüllt hat, kritisiert Katharina, dass das Studium sehr auf die kommerzielle Verwertbarkeit abzielt. „Alles, was experimentell war, dafür musste sehr gekämpft werden. Dabei sollte man doch genau in so einem Rahmen auch mal scheitern dürfen.“

Fernab dieser Erfahrung haben sie vor allem Hans Beller und sein Seminar „Hinschauen, wo es wehtut“ geprägt. Neben den Filmdiskussionen „hat er mir bei meiner Selbstfindung geholfen, bei der Frage, was ich wirklich machen möchte.“ Ohnehin erlangte sie durch das Studium und den ständigen Austausch, der auch immer etwas mit der eigenen Person zu tun hat, enorme Selbstsicherheit. Und mit dieser Selbstsicherheit hat sie schließlich gefunden, was sie wirklich machen will.

Ihr Diplomfilm EIN BRIEF AUS DEUTSCHLAND (Regie: Sebastian Mez, 2011) gewann beim Festival Visions du Réel in Nyon den Preis für den besten mittellangen Film. Mit METAMORPHOSEN setzte sie diesen Erfolg fort, und auch ihre folgenden Projekte erlangten große Anerkennung. DIE MENSCHENLIEBE (Regie: Maximilian Haslberger) gewann 2014 den First Steps Award, EISMÄDCHEN (Regie: Lin Sternal) war 2016 für den Grimme-Preis nominiert.

Aufgrund von METAMORPHOSEN kam dann Lutz Konermann, Dozent für szenische Regie an der Filmakademie und selbst Regisseur, Autor und Kameramann, mit der Anfrage auf sie zu, die Montage des Films MY NAME IS SALT seiner Frau Farida Pacha zu übernehmen. „Drei Monate habe ich in Zürich gelebt und den Film in ihrem Arbeitszimmer geschnitten.“ Ursprünglich hatte sich Farida Pacha einen Filmeditoren mit langjähriger beruflicher Erfahrung gewünscht, aber die mehr als 25 Preise, die der Film bis jetzt einheimste, sprechen für sich. Unter anderem wurde Katharina Fiedler mit MY NAME IS SALT für den Deutschen Kamerapreis in der Kategorie Schnitt nominiert.

Fernab aller Auszeichnungen war es für sie ein besonderer Moment, als der Film 2015 in Biberach auf dem Filmfestival lief, „in meiner Heimatstadt, dort, wo für mich alles angefangen hat.“

Katharina Fiedler liebt an ihrem Beruf vor allem die kreative Freiheit. „Als Filmeditor ist man im Dokumentarfilm auch Drehbuchautor. Zwar hat der Regisseur die Geschichte im Kopf, aber im Schnitt muss diese nochmal komplett neu gebaut werden.“ Dabei ist sie immer auf der Suche nach den ehrlichen Momenten, nach dem Gefühl, das vermittelt werden soll - denn „Film ist ähnlich wie Musik oft reine Gefühlssache.“

Bisher liegt ihr Schwerpunkt auf Dokumentarfilm. Ein Ziel ist es, auch wieder szenisch zu arbeiten, vor allem aber „wäre es schön, auch mal angemessen bezahlt zu werden.“ So ist sie mittlerweile dem Bundesverband für Filmschnitt beigetreten, der sich für eine tarifliche Bezahlung von Editoren einsetzt. Bis dahin genießt sie zumindest den Luxus, sich die Projekte auszusuchen, die ihr am Herzen liegen.

Im Januar 2015 ging Katharina für zwei Monate nach Chicago, um den Dokumentarfilm AMONG WOLVES (Regie: Shawn Convey) zu schneiden. Derzeit arbeitet Katharina mit dem bulgarischen Regisseur Konstantin Bojanov zusammen an einem Dokumentarfilm, der in Indien gedreht wurde.

Alumni-Profil

Autorin: Ann-Katrin Boberg
Interview: Laura Busch