Interview mit Regisseur Johannes Naber (Diplom 1999)
Frage: Wann haben Sie an der Filmakademie studiert?
1993 - 1999
Frage: Wie kamen Sie gerade auf Ludwigsburg?
Die Schule gab‘s damals gerade mal zwei Jahre, also war da nicht viel mehr als Mundpropaganda. Freunde aus der Trickfilmszene haben mich auf die Schule aufmerksam gemacht, nachdem ich in Berlin an der DFFB und an der HFF abgelehnt worden war.
Frage: Was war dann Ihr erstes Projekt als Student an der Filmakademie?
Filmgestaltung 1 bei Jochen Kuhn. Der Streifen hieß „Kopfbahnhof“ und war ein wirrer Animationsfilm über einen Horrortrip.
Frage: Wer waren Ihre Dozenten? (Hauptdozent)
Irgendwie hatte ich nicht den einen, wichtigen Dozenten, das änderte sich oft. Ich erinnere mich allerdings lebhaft an die Filmgeschichte-Vorlesungen jeden Freitag bei Laurens Straub.
Frage: Was haben Sie von ihr bzw. ihm gelernt?
Auf Konsens zu scheißen.
Frage: Die Filmakademie feiert 2016 ihr 25-jähriges Bestehen. Wenn Sie heute zurückblicken, was schätzen Sie an dem Studium der Ludwigsburger Hochschule am meisten?
Die Enge.
Frage: Welche Vorbilder haben Sie?
Keine.
Frage: Welche Arbeit hat sie künstlerisch am meisten herausgefordert?
Geschenke einpacken an Weihnachten.
Frage: Was haben Sie zuletzt gemacht?
Im April habe ich als Oberbeleuchter bei dem Debutfilm „Die Verantwortlichen“ von Gerd Schneider, einem anderen Ludwigsburger Absolventen, mitgearbeitet. Mein letzter eigener Film war „Zeit der Kannibalen“, eine Groteske über Unternehmensberater.
Frage: Seit Ihrem Diplom an der Filmakademie haben Sie TV- und Kinofilme gedreht. Welches Format ist reizvoller?
Ich glaube, das lässt sich pauschal nicht beantworten. In beiden Formaten gibt es Höhen und Tiefen. Im Kino bekommt ein Film mehr Aufmerksamkeit, aber im Fernsehen mehr Zuschauer, oder?
Frage: Worin liegt der Unterschied?
In einer besseren Welt könnte das Kino radikal sein. In Deutschland sind die Unterschiede leider nicht so groß.
Frage: Sie sind innerhalb kürzester Zeit für ihre Filme mehrfach prämiert worden. Spüren Sie dadurch eine gewisse Erwartungshaltung?
Ja, klar. Man muss sich allerdings genau überlegen, welchen Erwartungen man entsprechen will und welchen nicht.
Frage: Spornt Sie Erfolg an?
Nein. Erfolg macht müde. Man muss sich Tricks ausdenken, wie man wachbleibt.
Frage: Es gibt Regisseure, die haben bereits vor Drehbeginn ihren Film vor Augen. Andere lassen sich bewusst von ihren Schauspielern inspirieren. Welcher Typ sind Sie?
Ich glaube, man muss den Film, den man drehen will, so genau wie möglich vorher kennen – und darauf vorbereitet sein, dass alles anders wird. Und: Wer Schauspieler nicht frei agieren lässt, ist selber schuld, denn er verschenkt kreatives Potential.
Frage: Wie wählen Sie die Schauspieler aus?
Nach Qualität.
Frage: Was hat Sie an der Filmakademie für Ihr Profil als Regisseur am meisten geprägt?
Ich wollte in die Spielfilmklasse und bin nicht reingekommen. Damals wurde das noch Jahr für Jahr entschieden. Im vierten Jahr bin ich dann im Dokfilm gelandet – und habe dort meine Identität als Filmemacher gefunden.
Frage: Worin sehen Sie die Vor- bzw. Nachteile des Standorts Ludwigsburg?
Der entscheidende Vorteil ist die Zusammenrottung, die die Kleinstadt unter den Studenten bewirkt.
Nachteile? Wo soll ich anfangen?
Frage: Denken Sie, dass sich rund um Ludwigsburg ein Medienstandort etabliert hat? Wenn nein – welche Voraussetzungen müssten geschaffen werden?
Ich denke schon. Verglichen mit 1993 gibt es eine gute Infrastruktur an Firmen und erfolgreichen Freelancern. Aber natürlich kann man Ludwigsburg nicht mit Berlin oder Köln vergleichen. Ein paar Subventionen und eine Filmschule reichen nicht, um dauerhaft kreatives Potential in großer Zahl zu binden. Dafür muss eine Großstadt mit echter Subkultur in der Nähe sein.
Frage: Welches Erlebnis gehört zu ihren schönsten und schrecklichsten Erinnerungen an der Filmakademie?
Die schönste Erinnerung: Als Albrecht Ade die Filmakademie für einen Tag schließen ließ, damit Günther Öttinger (damals CDU-Fraktionsvorsitzender) seinen Geburtstag dort feiern konnte. Das waren noch Zeiten!
Die schrecklichste Erinnerung: Der Kaffeeautomat. Ist hoffentlich schon lange auf dem Schrott.