Interview mit Falk Peplinski, Absolvent Montage/Schnitt 2011

Falk Peplinski, mittlerweile 37, fing 2006 an der Filmakademie an, Montage/Schnitt zu studieren. Sein Diplomfilm DAS LETZTE KAPITEL dokumentiert die letzten Wochen und Tage des 63-jährigen krebskranken Branko in einem Hospiz in Leonberg.

Es war von Anfang an klar – Branko wird sterben und wir werden alles zeigen. Am Ende war er vor allem ein Plädoyer für das Leben. Die Kompromisslosigkeit und formale Strenge, mit der Regisseur Maximilian Haslberger und sein Kameramann Sebastian Mez an das Thema herangegangen sind, hat mich beeindruckt. Sie haben alle Szenen mehr oder weniger in 90°-Grad-Einstellungen gedreht, ohne weiter aufzulösen. Das war für den Schnitt eine ungeheure Herausforderung. Und es hat mich gereizt, mich selbst diesem Tabuthema zu stellen.

Was ist aus dem Film im Nachhinein geworden?
Erwartungsgemäß hatte es der Film bei den großen Festivals schwer, die das Thema ganz klar gescheut haben. Die Resonanz bei allen, die den Film gesehen haben, war aber stets überwältigend gut, insbesondere bei Menschen die eine enge Beziehung zu dem Thema hatten, wie z.B. den Mitarbeiter des Hospizes.
Am Ende wurde der Film mit positiver Resonanz auf kleineren internationalen Festivals gezeigt und erhielt beim Euganea Film Festival eine "Special Mention". Außerdem konnte man ihn bei Spiegel-Online sehen, wo er 54.000 Klicks erreichte.

Warum hast du dich damals für die Filmakademie entschieden?
Ich wollte Filmschnitt studieren und da gab es damals nur die HFF Potsdam-Babelsberg und die Aka. Am Ende war das wesentlich bessere Aufnahmeverfahren der Aka für mich ausschlaggebend. Vor allem Raimund Barthelmes, der zusammen mit Clara Fabry für den Studiengang Montage/ Schnitt verantwortlich war und in der Aufnahmeprüfung saß, gab mir das Gefühl, in Ludwigsburg am richtigen Ort zu sein.

Standort Ludwigsburg – Vorteil oder Nachteil?
Ganz klar beides. Yin und Yang. Für das Filmstudium ist die Stadt eigentlich gut, da man sich eh ganz in seine Projekte vertieft und wenig Ablenkung hat. Gerade meine Zunft verbringt die meiste Zeit eh im Schnittplatz. Ich war aber auch immer froh, wenn ich wieder im Zug Richtung Frankfurt saß ;-)

Was war dein prägendstes Projekt an der Filmakademie, und warum?
Wahrscheinlich waren das meine beiden eigenen Filme, die ich im Seminar "Filmgestaltung" im 1. und 2. Studienjahr realisiert habe. Der erste Film ANALOG BROTHER war eine ganz simpler Stop-Motion-Film, mit dem ich zu meiner Überraschung großen Erfolg hatte. Das zweite Projekt war MADE IN GERMANY, ein für die Filmakademie eher untypischer Experimentalfilm über moderne Arbeitswelten, bei dem ich auch die Produktion übernehmen musste. Der Film hat mich wirklich gelehrt, an meine Visionen zu glauben und mir gezeigt, dass ich in der Lage bin, so ein Ding durchzuziehen. Dank des Dozenten Philip Gröning habe ich mich mit Alternativen zu gängigen Dramaturgieschematas auseinandergesetzt, was mir auch bei meiner Arbeit heute immer noch sehr hilft.

Und welches würdest du am liebsten vergessen?
Nun ja, es gab bei mir zwei Projekte, wo ich angefleht wurde, den Schnitt zu machen und wo ich am Ende noch nicht mal mehr den fertigen Film bekommen habe und nie ein "Danke" erhalten habe. Solche menschlichen Untiefen gehören leider auch zur Filmakademie. Aber auch daraus lernt man etwas für später.

Dein wichtigster Tipp für Neuanfänger an der Filmakademie?
Lass dich nicht für jedes x-beliebiges Projekt verheizen. Mach nur das Projekt, das du wirklich machen willst. Wenn du unsicher bist, lass die Finger davon.

Was wird deine nächste Station sein?
Ich montiere zwei Dokfilme für's Schweizer Fernsehen und im August beginne ich die Arbeit am 90-minütigen Kinofilm meines Kommilitonen Jens Wischnewski DIE RESTE MEINES LEBENS.

Und verläuft dieser Weg so, wie du ihn dir ausgemalt hast – oder kam alles ganz anders?
Ich kann mich nicht beklagen. Es läuft sehr gut. Ich wollte als freiberuflicher Film-Editor immer gern Abwechslung in meiner Arbeit haben und alle Genres (also szenisch, dokumentarisch, Werbung, TV) bedienen - genau das mache ich jetzt auch. Und die Entscheidung, nicht wie alle nach Berlin zu rennen, sondern es in Frankfurt zu versuchen, war in Punkto Auftragslage und Bezahlung absolut richtig.

Wen würdest du als dein Vorbild bezeichnen, und warum?
Ich bewundere Thelma Schoonmaker sehr, nicht nur weil und wie sie die Filme von Scorsese montiert, sondern vor allem auch ihre entspannt Arbeistweise. Außerdem habe ich auch die lässige und selbstbewusste Art des Filmeditors Peter Przygodda immer sehr gemocht. Ich hoffe, ich kann mir eine Scheibe davon abschneiden.

Wie sieht dein Kontakt mit anderen Alumni aus?
Ich würde den Kontakt eher als sporadisch bezeichnen. Mit der überschaubaren Zahl von Leuten, mit denen ich auch im Studium eng zusammen gearbeitet habe, habe ich aber immer noch Kontakt. Viele Jobs habe ich auch über die Weiterempfehlung von ehemaligen Kommilitonen bekommen. Es gibt auf jeden Fall eine Art Netzwerk.

Arbeitest du noch in irgendeiner Form mit der Filmakademie zusammen?
Nein, im Moment gar nicht. Ehrlich gesagt war ich auch schon sehr lange nicht mehr in Ludwigsburg.

Zurückgeblickt auf deinen Werdegang, würdest du den Weg weiterempfehlen?
Ich habe ja zuerst Mediengestalter Bild und Ton gelernt, dann beim Fernsehen gearbeitet und habe erst dann studiert. Im Prinzip würde ich es genau so wieder machen. Vielleicht würde ich heute empfehlen, gleich beim Film zu arbeiten oder besser noch, eigene Filme zu machen.

Was wäre dein Traumprojekt?
Entweder wird Frau Schonnmaker krank und Scorsese braucht einen neuen Editor oder Tarantino dreht seinen nächsten Film in Frankfurt und will unbedingt mit mir schneiden ;-)

Und wofür würdest du dich niemals verkaufen?
"Bauer sucht Frau" oder sonstigen Scripted-Reality-Nonsens.

Was glaubst du, wie hätte dein Weg ohne die Filmakademie ausgesehen?
Ich würde wahrscheinlich immer noch als einfacher Cutter beim Mitteldeutschen Rundfunk arbeiten und Beiträge mit fragwürdigem Inhalt schneiden – eine schreckliche Vorstellung!!!

Das Interview führte Peter Wedig (Student Fernsehjournalismus/4. Jahr)