Ingo Putze, Absolvent Motion Design

„Alles ausprobieren“

Alles auszuprobieren gehört zu den Leitsätzen von Motion Design-Absolvent Ingo Putze. An vielen Orten hat er gelebt und in vielen kreativen Berufen gearbeitet.

Aufgewachsen in Schneckenhausen, einem kleinen Ort nahe Kaiserslautern, war für den kleinen Ingo schon früh klar, in welche Richtung es gehen sollte. Mit zwölf Jahren teilte er seiner Mutter mit, dass er ein Mal Regisseur sein möchte. „Sie hat gesagt, wir haben das Geld nicht, dafür muss man reich sein.“ Er lacht. So begnügte er sich vorerst mit anderen kreativen Aktivitäten, bis er nun mit dem Film „Solo finale“ sein „komplett eigenes Ding“ gemacht hat.

 

Alles mitnehmen

„Die komplette Schulzeit war für mich ein großer Zeichenblock“, erinnert sich Ingo. Seine vollgemalten Deutsch-Reclam-Hefte hat er immer noch. Nach einem Designstudium in Mannheim suchte er nach „Mehr“ und fand es im Motion Design-Studium (damals noch unter dem Label Film und TV Design) an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. „Man konnte sich bei uns im Studienschwerpunkt total ausprobieren,“ erinnert er sich.

An diversen Projekten hat er gearbeitet und neben den eigenen vier Studiumswänden auch in anderen Gewerken so viel wie möglich mitgenommen. „Ich war immer aktiv irgendwie. Und es war nie klar, welchen kreativen Beruf ich in diesem Feld ausüben werde,“ sagt der inzwischen in London lebende Allrounder.

Vor allem jedoch in den VFX-Bereich hat er sich in den Jahren während und nach dem Studium besonders reingefuchst und dort Erfolge erarbeitet.

Den eigenen Filmakademie-Abschluss gerade in der Tasche, betreute er ein Jahr lang ein Filmakademie-Projekt als VFX-Supervisor. Und zog schließlich um. In Berlin sah es dann erst ein Mal weniger rosig aus. Aller Anfang ist eben schwer.

„Ich lande in Berlin, arbeite an drei Studentenfilmen full-time ohne Bezahlung und hab finanzielle Probleme, weil keine Jobs reinkommen,“ erinnert er sich. Tausend Bewerbungen schickte er raus, klingelte an jeder Tür.

„Die Resonanz war Null, absolut Null.“ Heute lacht der 43-Jährige bei diesen Worten, aber damals war es hart.

 

Ein Emmy

Der Zu- und Glücksfall kam aber bald in Form von Filmproduzent und VFX-Supervisor Volker Engel um die Ecke. Der hatte gerade das deutsch-amerikanische Projekt DIE NIBELUNGEN am Start und Ingo einen vorzeigbaren Film aus Filmakademie-Zeiten in seiner Tasche. Volker Engel nahm ihn in sein Team auf und Ingo arbeitete cross-over, hauptsächlich im Matte-Painting und Compositing. Neben Erfahrung gewann er einen Haufen Kontakte und Einblicke in ein „cooles und herausforderndes Projekt.“

Der wirkliche Höhepunkt folgte ein Jahr später. Für das Nachfolgeprojekt, den US-Dreiteiler „THE TRIANGLE im Jahre 2006 gewann er gemeinsam mit seinem Team den Primetime Emmy. „Es war ziemlich absurd,“ erinnert er sich an den Abend der Preisverleihung. Da nicht zuletzt auch Steven Spielberg im Rennen um die Trophäe war, hatte Ingo nicht im Geringsten damit gerechnet zu gewinnen und buchte dementsprechend auch den bereits geplanten Urlaub nach Berlin nicht um. So saß er an jenem Abend mit einem Kollegen in Deutschland vor dem Computer, googelte nach den Gewinnern und wurde überrascht. Da hatten sie ihn doch, den Emmy!

„Das ist schon eine tolle Anerkennung und Bestätigung, dass man den richtigen Job und vor allem einen guten Job macht“, sagt er, während er die Statue in der Hand hält, die ihm später zugeschickt wurde.

 

Auf nach London

Nach einem Abstecher in Washington führte Ingos Weg über die Arbeit als VFX Art Director am Oscar-prämierten Film HUGO CABRET nach London. Dort kann er sich auch vorstellen zu bleiben, denn auch wenn er das Rumreisen als toll und inspirierend empfindet, ist London „einfach die geilste Stadt, die alles zu bieten hat.“ Inklusive einem guten Netzwerk, das er sich dort inzwischen aufgebaut hat. Vor zwei Jahren kam hier auch ein weiteres Highlight auf ihn zu. Der Film ZERO THEOREM von Terry Gilliam hatte Probleme im VFX-Bereich, und Ingo konnte die Rolle des „Retters“ spielen, wie er lachend erzählt. Es gefällt ihm, das Ruder herumzureißen, denn das stellt eine wirkliche Herausforderung dar und damit das Gegenteil von dem, was er wirklich verabscheut: „Langeweile ist der schlimmste Feind, Langweile empfinde ich als noch schlimmer als finanzielle Probleme.“

 

Solo finale

Nach vielen Auftragsarbeiten und Jobs in ausführenden Positionen hat Ingo sich nun seinen großen Lebens- und Kindheitstraum erfüllt. Mit dem Kurzfilm SOLO FINALE ist im Januar 2015 sein erstes Regieprojekt fertig geworden. „Das wollte ich schon immer machen. Ich habe es nur irgendwie vor mir hergeschoben. Ist ja auch immer Angst dabei,“ gibt er zu verstehen. Die Angst hat ihn nicht aufgehalten, und so ist ein „absoluter Kunstfilm“ entstanden. Die Geschichte handelt von einer Beziehung, die in die Brüche geht, die Bilder sind surreal und poetisch, und er hat viel mit Visual Effects gearbeitet. Fünf Jahre Zeit nahm er sich für die Vorbereitung, und auch der Dreh war aufwendig. „Mit diesem Film habe ich halt einfach mein eigenes Ding gemacht,“ sagt Ingo, und er klingt dabei sehr stolz. „Er stellt die Summe der Lebenserfahrung dar, die ich bis zu diesem Zeitpunkt habe.“

Autorin: Elena Preine

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