Frieder Scheiffele, Absolvent Produktion / Serien Producing

„Wenn ich von hier Geschichten erzählen will, muss ich auch mitbekommen, was hier läuft.“

„Da lernst du mehr als bei uns, an dem Tag!“ Mit jenen lakonischen Worten wurde Frieder Scheiffeles erster Ausflug in die Film- und Fernsehwelt begleitet. Denn der Schüler bekam damals von seiner Lehrerin sogar schulfrei, um als großer Fan die Studios der TV-Soap MARIENHOF zu besichtigen. Die Liebe zu Serienformaten blieb, und heute ist der 1979 geborene Reutlinger vor allem bekannt für das Format LAIBLE UND FRISCH, eine humorvolle Familienserie, die besonders durch ihren schwäbischen Humor und Mundart das Publikum begeisterte. In zwei Staffeln erzählte die SWR-Serie vom Traditionsbäcker Laible und dem Hamburger Discountbäcker Frisch die sich im schwäbischen Schafferdingen bekriegen und ihre Familien sowie das gesamte Dorf in ihren Konflikt einbeziehen. Das Konzept ging auf und bescherte dem Sender Erfolgsquoten und auch vermehrt ein junges Publikum:

„Wir hatten mehr junge Zuschauer als manch anderes SWR-Format, das eigentlich für Jugendliche gedacht war“, weiß Frieder zu berichten. Er glaubt an das Geheimrezept von Regionalität und Aktualität, Zutaten, die das Publikum am Bildschirm halten.

Mit Publikumsmeinungen kennt sich Frieder aus, denn noch vor dem Abitur wurde der eingefleischte MARIENHOF-Fan Vorsitzender des Fan-Clubs, der damals europaweit der größte dieser Art war. Seine Aufgabe bestand darin, Kritik und Lob aus den Fan-Briefen an die Redaktion und Produzenten der Soap weiterzuleiten, um diese bestenfalls umzusetzen. So führte ihn sein Weg nach dem Abitur auch direkt in die Pressestelle für MARIENHOF, wo er ein Volontariat in der Produktionsstätte Bavaria Studios absolvierte. Zwar war dies damals seine Wunschstelle, jedoch merkte er nach zwei Jahren, dass ihm diese Tätigkeit allein nicht reichte. „Ich wollte letztlich nicht derjenige sein, der nur die Pressemitteilung schreibt, sondern derjenige, der den Inhalt der Pressemitteilung bestimmt.“ Ein Schauspieler der Soap riet ihm, Produzent zu werden. Frieder bewarb sich daraufhin an der Filmakademie, nachdem seine Mutter ihm einen Zeitungsartikel geschickt hatte, in dem das neue Studienangebot Serien Producing beworben wurde.

Die erste Zeit an der Filmakademie gestaltete sich für den späteren Produktion-Alumnus jedoch schwierig, wie er zugibt, denn er tat sich nicht leicht, einen Stoff zu finden, der ihn ansprach. „Drogen, Tod, negativ, schwierig“, waren die vorherrschenden Themen der Filme, Frieder zog es jedoch in thematisch leichtere Gefilde, weshalb er sich auch zunächst in die Organisation von Events wie „Die Nacht der Stars“ oder den Aufbau des Kinderfilmhauses Ludwigsburg stürzte. Seine Zeit an der Filmakademie beschreibt er als hart und anspruchsvoll, da er sehr viel arbeitete, die Kooperation und Hilfsbereitschaft der Mitarbeiter und Dozenten habe ihm dies jedoch erleichtert. „Sie haben einem als Mensch die Möglichkeit zur persönlichen und individuellen Entwicklung gegeben.“

Mit dem Einstieg in das Projektstudium Serien Producing entwickelte Frieder den ersten Stoff nun selbst. Die Idee zu LAIBLE UND FRISCH wurde geboren, allerdings war das Format noch als Familienthriller angelegt. Was jedoch von Anfang an unumstößlich war, waren das Setting und die Sprache. Für den heimatverbundenen Schwaben sollte die Serie in Baden-Württemberg mit passendem Dialekt spielen, denn der findige Produzent sah darin eine Marktlücke. „Wir waren Vorreiter“ sagt er und spielt damit auf Erfolge wie den Kinofilm DIE KIRCHE BLEIBT IM DORF. Jedoch war es zunächst nicht einfach, einen TV-Sender von seinem Diplomprojekt zu überzeugen, weshalb Frieder sich entschloss, mit dem Drehbuchautor Sebastian Feld und dem Produzenten Bastian Braig die Produktionsfirma Schwabenlandfilm zu gründen. Das war 2008, und gemeinsam arbeiteten sie weiter an der Idee und mieteten sogar schon ein passendes Café als Drehlocation im schwäbischen Bad Urach. Fast zwei Jahre sollte es dann noch dauern, bis mit Hilfe der MFG Filmförderung Baden-Württemberg der SWR dann die erste Staffel ausstrahlte. Es war bundesweit die erste Serie, die an einer Hochschule entwickelt wurde und direkt ihren Weg ins Vorabendprogramm fand. Nach der zweiten Staffel und insgesamt zwölf Folgen fiel jedoch im Auftrag des Senders die letzte Klappe, trotz des konstanten Erfolges mit bis zu 900.000 Zuschauern je Folge und der Beteiligung vieler Absolventen der Filmakademie.

Frieder und seine Kollegen hielten jedoch weiterhin an LAIBLE UND FRISCH fest, wobei sie sich auch nicht scheuten, ungewöhnliche Wege einzuschlagen. 2014 feierte die erste Theateradaption der Serie in der Stuttgarter Komödie im Marquardt Premiere und wurde aufgrund des großen Erfolges ein Jahr später mit einem zweiten Stück fortgesetzt. Besonders glücklich zeigt sich Frieder über den Umstand, dass ein Großteil der Schauspieler wieder mit von der Partie sei, denn während der Zusammenarbeit an der Serie sei das Team sehr zusammengewachsen. Über 40.000 Besucher sahen die Theaterstücke. Dadurch wurde der Stuttgarter Filmverleih Kinostar aufmerksam und brachte die Idee für einen LAIBLE UND FRISCH-Kinofilm ins Spiel. Dieser wird zurzeit entwickelt. Es scheint, als sei Frieder seinem Ziel nahegekommen, kreativ seiner Tätigkeit nachzugehen. Jedoch war die Zeit nach dem Aus für LAIBLE UND FRISCH alles andere als leicht, denn zunächst mussten sich die jungen Firmengründer in der Branche etablieren. „Ich schaue nicht verbittert auf die letzten Jahre, weil das ein oder andere nicht geklappt hat“, man dürfe schließlich nicht zu verklärt sein. Denn auch die Filmbranche sei eben von unterschiedlichen, wirtschaftlichen Interessen angetrieben, sagt er trocken.

Heute ist Schwabenlandfilm in unterschiedlichen Feldern wie TV-Spielfilmen und Kinoproduktionen, aber auch Dokumentationen tätig. Aktuelle Produktion ist der historische Thriller-Spielfilm DOLORES, eine Koproduktion mit der SWR-Redaktion „Debüt im Dritten“. Er basiert auf einer Graphic Novel und wird im Herbst 2016 ausgestrahlt. Etwa 20 Projekte hat Schwabenlandfilm in Entwicklung, und Frieder muss oftmals auf Wochenenden verzichten, denn Angestellte könne er sich nur projektbezogen leisten. Zwar gibt er zu, dass er sicherlich in den letzten Jahren mehr verdient hätte, wenn er sich nicht selbständig gemacht hätte, aber er blickt positiv auf die zukünftige Entwicklung des Standorts Baden-Württemberg. Mit der Filmakademie, MFG Filmförderung und dem SWR gebe es einen guten Nährboden für Firmen und Dienstleister. Im Gegensatz zu vielen anderen Firmengründern hat es Frieder nicht nach Berlin oder Köln verschlagen, sondern er blieb der Region treu. Dass die Schwabenlandfilm bei Reutlingen beheimatet ist, ist für ihn nur die logische Konsequenz. „Wenn ich von hier Geschichten erzählen will, muss ich auch mitbekommen, was hier läuft.“ Denn noch immer glaubt Frieder Scheiffele an das Erfolgsrezept von Aktualität und Regionalität.

Alumni-Profil

Autorin: Janett Lederer

Foto Frieder Scheiffele: © Millicent von Gork