Eva Katharina Bühler, Absolventin Bildgestaltung/Kamera
Emotionen, Poesie und die Härte einer Geschichte
„Als Kamerafrau zu arbeiten, bringt mir eine so große Erfüllung, dass ich es mir nie vorstellen könnte, ohne meinen Beruf zu leben“, erzählt Eva Katharina Bühler.
Damit sie ein Projekt gerne annehme, müsse sie vor allem die Thematik ansprechen, sagt Bühler. „Inhaltliches Arbeiten ist mir sehr wichtig. Wenn Inhalt, Bild und Visualität auf einem hohen Niveau zusammenkommen, begeistert mich das. Perfekt ist es, wenn ich dann den Regisseur oder die Regisseurin auch schon kenne und weiß, dass die Art, wie er oder sie Geschichten erzählt, mir gefällt.“ Ein besonderes Erlebnis sei der Dreh zum Film FREMDKÖRPER (Regie: Christian Werner) vor zwei Jahren gewesen. „Wir haben in Istanbul gedreht, zwischenzeitlich sogar in dem sehr armen und gefährlichen Viertel Talabashi. Dadurch ergaben sich einzigartige Motive, und auch die Arbeit mit dem tollen türkischen Team war eine Erfahrung, die ich nicht missen möchte. Während des Drehs hat mich meine Familie dort für zwei Wochen besucht und meine Tochter hat die Moscheen in Istanbul zum Laufenlernen genutzt.“ Als Nächstes stehen in den kommenden zwei Jahren die Debütfilme zweier Filmakademie-Absolventen sowie ein international produzierter Kino-Dokumentarfilm an, worauf sich Bühler schon sehr freut. „Mich interessieren tiefe, vielschichtige Bilder. Die Kamera entfaltet sich maximal, wenn sie die Emotionen, die Poesie, aber auch die Härte einer Geschichte maximal unterstützt und transportiert.“
Als Mutter einer dreijährigen Tochter und von drei Monate alten Zwillingen vollzieht sie in Berlin zurzeit gekonnt den Spagat zwischen Kindern und Beruf. „Das funktioniert noch viel besser, als es ich es mir vorgestellt habe.“ Grund dafür, so Bühler, sei auch der Wandel, der aktuell in der Filmbranche stattfinde. „Immer häufiger haben auch Teamkollegen Familien mit Kindern, und es ist zum Glück keine Seltenheit mehr, trotz Kind noch in der Filmbranche tätig zu sein.“
Eva Katharina Bühler war selbst noch ein Kind, als sie begann, sich für die Fotografie zu interessieren. „Im Alter von zwölf Jahren bekam ich von meinem Kunstlehrer in der Schule eine Dunkelkammer zur Verfügung gestellt und war total begeistert von der Idee, Fotografin zu werden.“ Als sie nach der Schule noch an ihrem Portfolio für Fotografie weiterarbeiten musste, fing sie - zunächst zur Überbrückung - ein Studium an der Hochschule für Medien Stuttgart (HdM) an. „Dort habe ich dann aber gemerkt, dass mir Filmemachen noch viel mehr liegt als die Fotografie“, erzählt sie lachend. „Danach war mir schnell klar, dass ich für das Studium an die Filmakademie möchte.“ Dennoch machte sie vorher noch ihren Abschluss an der HdM, bewarb sich anschließend an der Filmakademie für den Studienschwerpunkt Dokumentarfilm und wurde angenommen.
„Das erste Jahr an der ‚Aka’ war super schön und aufregend, aber auch sehr anstrengend. Ich habe ziemlich bald gemerkt, dass ich doch viel lieber Kamerafrau als Regisseurin sein möchte.“ Die Dozenten rieten ihr, beide Abschlüsse zu machen, dafür bekam Bühler ein Jahr zusätzlich. „So konnte ich sowohl im Studienschwerpunkt Dokumentarfilmregie als auch im Studienschwerpunkt Bildgestaltung/Kamera mein Diplom machen. Das war super.“ So habe sie die Möglichkeit gehabt, bei ihren eigenen Filmen die Kamera zu führen und könne bis heute das Wissen aus dem Regiestudium in ihre Kameraarbeit einfließen lassen.
Ihre Studienzeit in Ludwigsburg hat sie in guter Erinnerung. „Zum einen sind die technischen und kreativen Möglichkeiten, die man an der Filmakademie als Student hat, wahnsinnig gut. Zum anderen bringt einem die Filmakademie auch menschlich enorm viel. Man baut ein so enges Netzwerk auf, dass es sich wie eine große Familie anfühlt, und dieses Gefühl von Familie bleibt auch nach dem Abschluss erhalten. Die meisten meiner Kontakte für spätere Projekte kamen über die Filmakademie.“ Gleichzeitig sei die ständige Konkurrenz, in der die Studierenden gestanden hätten, auch eine große Herausforderung gewesen: „An der Filmakademie ist der Druck, gut genug zu sein, sehr hoch. Man dreht Filme, ist gut darin und kommt dann an die Filmakademie, wo man umgeben ist von lauter Leuten, die genauso gut sind. Diesem Druck muss man erstmal standhalten und versuchen, sich und seinem Stil treu zu bleiben. Da wir in Ludwigsburg so eng zusammenleben, lernt man aber auch, dass man aufeinander angewiesen ist und sich gegenseitig helfen muss. Film ist nichts für Einzelkämpfer, sondern Teamarbeit.“
Nach dem Studium hat sich Eva Katharina Bühler ganz auf ihre Tätigkeit als Kamerafrau spezialisiert. „Regie würde ich nur noch führen, wenn mir mal wieder ein richtiges Herzensprojekt über den Weg läuft.“ Mit ihrer Familie und den drei Kindern dreht sie zurzeit als Kamerafrau circa 1-2 größere Projekte pro Jahr. „Im Gegensatz zu der Zeit an der Filmakademie ist der direkte Konkurrenzdruck im Berufsleben nicht mehr so spürbar. Natürlich gibt es den Wettbewerb untereinander, aber man ist doch isolierter und muss sich nicht ständig im direkten Vergleich mit anderen messen. Dass ich sehr gute, talentierte Berufskollegen habe, ist für mich eher ein Ansporn.“ Schade findet sie es, dass es nur wenige Kamerafrauen gibt, die sich auf dem Markt durchsetzen. „2014 habe ich einige Folgen der SOKO KÖLN gedreht und war dort beispielsweise in fünfzehn Jahren Drehgeschichte die erste Kamerafrau. Die Diskussion um eine Frauenquote beschäftigt uns Kamerafrauen natürlich auch.“
Auch privat hegt Eva Katharina Bühler eine große Begeisterung für den Film. „Ich gehe total gerne ins Kino und liebe auch Serien wie beispielsweise TRUE DETECTIVE oder FARGO. Beide sind super inszeniert und haben tolle Drehbücher und eine tolle Kamera. Aber abschalten kann ich dabei nicht“, lacht sie, „den Film SCHMETTERLING UND TAUCHERGLOCKE zum Beispiel habe ich sechs bis sieben Mal wegen seiner fantastischen Kamera angeschaut.“
Über ihre Ausbildung, das Netzwerk an Kontakten und die Erfahrungen, die sie an der Filmakademie in Ludwigsburg machen durfte, ist sie sehr froh. „Ich würde jedem, der ernsthaft in den klassischen Gewerken des Filmgeschäfts arbeiten möchte, ein Studium an der Filmakademie empfehlen. Auf dem Markt haben es diejenigen am einfachsten, Jobs zu bekommen, die von den klassischen Filmhochschulen aus München, Berlin, Hamburg und eben Ludwigsburg kommen. Die Filmakademie Baden-Württemberg hat im Bereich Bildgestaltung und Kamera einen sehr guten Ruf, hervorragende künstlerische Arbeit zu leisten.“
Autorin: Meike Katrin Stein