Daniel Sus, Absolvent Filmmusik
Dem Film mit der Musik eine eigene Welt geben
„Als Kind wollte ich eine ganze Zeit lang Bundeskanzler werden.“ Dass Daniel Sus da womöglich eine große politische Karriere verpasst hat, macht ihm nichts aus. Er hat seinen Traumberuf längst gefunden: Filmmusikkomponist. „Das Schöne an Filmmusik ist, dass sie so vielfältig und facettenreich sein kann,“ schwärmt er. „Man hat mit dem Film einen vorgegebenen Rahmen, den ich aber nicht als Einschränkung, sondern im Gegenteil als Bereicherung empfinde. Innerhalb des Settings muss man sich dann zurechtfinden und kann sich etwas ausdenken. Es ist unglaublich spannend, was man dramaturgisch mit einem Film so anstellen kann.“
Die Begeisterung für die Filmmusik setzte schon bald nach dem Bundeskanzler-Wunsch in zahlreichen Kinobesuchen ein. „Plötzlich achtete ich mehr auf die Musik als auf den Film.“ Auch selbst improvisierte er schon früh am Klavier, spielte Melodien nach, veränderte sie, komponierte eigenes. „Mir machte es schon immer viel Spaß kreativ mit der Musik umzugehen.“
Während der Schulzeit wuchs seine Begeisterung für Musik noch weiter. „Durch meinen Musik-Leistungskurs in der Oberstufe habe ich erst richtig entdeckt, dass man Musik zum Beruf machen kann. Das war eine ganz neue Perspektive.“
Direkt gegenüber der Filmakademie, am Goethe-Gymnasium, machte er Abitur und wusste daher schon früh, dass man dort Filmmusik studieren konnte. Nach seinem Schulabschluss studierte er zunächst Schulmusik und Jazz in Stuttgart und Mannheim. „Das war ein super Allround-Studium,“ erzählt er und erinnert sich, wie viele Bereiche der Musik er während des Studiums kennenlernen durfte. „Ich konnte unter anderem viel mit Chören und Ensembles arbeiten. Doch irgendwie wollte ich immer noch lieber in die musikalische als in die pädagogische Richtung. Ich wollte kreativer tätig sein.“
Mit dem Wunsch, sich kreativ mehr ausleben zu können, kam Daniel Sus an die Filmakademie und wurde dort von der Menge und Vielfalt an Projekten nicht enttäuscht. „Die ersten Dinge, die mir einfallen, wenn ich an die Filmakademie zurückdenke, sind Stress, total viele Leute und unheimlich spannende Projekte,“ erzählt er lachend. Natürlich sei der Konkurrenzkampf bei so wenigen Studierenden hart gewesen, aber angesichts der vielen verschiedenen Projekte habe jeder die Möglichkeit gehabt, seinen eigenen Stil zu finden.
Jedem, der den Wunsch hat, im Filmbereich, speziell in der Filmmusik, zu arbeiten, rät Sus zum Studium in Ludwigsburg: „Ich würde die Filmakademie sofort weiterempfehlen, weil es in der Branche total wichtig ist, viele Leute kennenzulernen und viele Projekte zu machen. Das Studium an der Filmakademie ist sehr praxisorientiert. Alle sind unter einem Dach und das ist das Geniale daran.“ Er selbst lernte dort während seines Studiums nicht nur seine heutige Ehefrau Can Erdoğan-Sus, selbst Filmmusikkomponistin, kennen, sondern auch den Regisseur Christian Schwochow, mit dem er bis heute regelmäßig zusammenarbeitet. Für dessen Film DER TURM (2012) haben seine Frau Can und er gemeinsam die Musik komponiert: „Diese Arbeit im Team mit Can hat auch sehr gut funktioniert. Trotzdem war es nur eine Ausnahme, da wir Berufliches und Privates gerne möglichst gut trennen möchten.“
Am liebsten komponiert Daniel Sus die Musik für Spielfilme. „Hier kann man dramaturgisch arbeiten, sich Konzepte überlegen und dem Film mit der Musik eine eigene Welt geben.“ Auf dem Weg zum selbständigen Filmkomponisten hat er sich viel mit seinem musikalischen Stil und seinem kreativen Schaffen auseinandergesetzt: „In der Musik braucht es wie im ganzen Leben eine Weile, um eine eigene Persönlichkeit zu entwickeln. Inzwischen gibt es gewisse musikalische Elemente, die für mich stehen.“ Doch auch Zweifel kamen in seinem bisherigen Berufsweg immer mal wieder auf, Selbstzweifel und manchmal auch Zweifel am Beruf. „Man möchte immer Musik für große Geschichten und tolle Bilder machen. Wenn diese Projekte mal ausbleiben, zweifelt man schon, ob es so weitergehen kann. Aber diese Phasen des Zweifels sind wichtig und auch völlig normal.“ Zurzeit allerdings kann von Zweifeln an der Berufswahl überhaupt keine Rede sein. „Ich habe das Glück, viele schöne Spielfilme machen zu dürfen.“ Neue Aufträge sieht er als spannende Herausforderungen. „Jedes Projekt ist einzigartig. Ich gebe mich auch nicht schnell zufrieden, sondern reize die Zeit, die ich habe, aus, um möglichst viel auf den Film eingehen zu können. Was ich nicht mag, ist Beliebigkeit. Daher versuche ich immer, in meine Filmmusik musikalische Substanz reinzubringen.“
Besonders gerne erinnert sich Daniel Sus an den mehrfach ausgezeichneten Film NOVEMBERKIND (2008, Regie: Christian Schwochow), zu dem er die Musik komponieren durfte. „Das war mein erster 90-Minüter und da steckte natürlich schon extrem viel Herzblut drin.“
Um aufzutanken oder eine kreative Pause einzulegen, spielt er gerne Squash, kocht oder geht auf Reisen. „Am liebsten bereise ich Orte, die noch nicht so von Touristen überlaufen sind. Neuseeland zum Beispiel ist großartig, und als nächstes würde ich gerne mal nach Kuba, Afrika oder Kolumbien reisen. Wir sind auch schon mit dem Wohnmobil durch Korsika gefahren, das war super.“ Auch Konzert- und Kinobesuche stehen in der Freizeit auf dem Programm, vor allem Konzerte mit Avantgarde-Musik.
Fast neun Jahre wohnt Daniel Sus nun in Berlin, inzwischen sind sie zu dritt. „Seit einem halben Jahr haben Can und ich eine kleine Tochter, und zuhause wird viel gesungen und geklatscht. Wenn ich sie beim Klavierspielen auf dem Schoß habe, versucht sie oft, mitzuspielen.“
In der Hauptstadt fühlt er sich sehr wohl. „Man trifft hier viele aufgeschlossene und freidenkende Menschen,“ erzählt er begeistert. „Berlin ist ein Ort, in dem an allen Ecken und Enden viel passiert. Vor allem, was Spielfilme und das Kulturleben generell betrifft, ist hier eine Menge los.“
Autorin: Meike Katrin Stein