Carsten Bunte, Absolvent Produktion

Das Glück, gemeinsam mit dem Team alt werden zu können

„Den Unterschied zwischen Kreativität und Problemlösung könnte ich nicht definieren,“ überlegt Carsten Bunte, Filmakademie-Alumnus und Produzent. „Man hat ein Problem, entwickelt kreativ einen Lösungsansatz, und am Ende des Tages hat man dann kein Problem mehr. Je mehr Ideen man zulässt, desto mehr kommen nach,“ sagt er zufrieden. Davon, dass Carsten Bunte lange Zeit gar nicht vorhatte, Filmproduzent zu werden, ist heute nichts mehr zu spüren. Im Studio Soi in Ludwigsburg hat er seinen Weg gemacht, seinen Platz gefunden.

Als Kind wollte Bunte zunächst Landschaftsgärtner werden, nach dem Abitur studierte er Volkswirtschaftslehre in Bamberg. „Dabei wollte ich gar kein Volkswirt werden.“ Über seine Kontakte zur Filmproduzentin Katharina Trebitsch bekam er einen einjährigen Praktikumsplatz im Bereich Filmproduktion in München. Die Arbeit machte ihm Freude, und als ihm Trebitsch zu einem Filmstudium riet, bewarb er sich an der Filmakademie Baden-Württemberg. „Ich habe aber nie gesagt ‚Ich will Filmproduzent werden’“, erinnert er sich. „Den Gedanken fand ich noch während der Ausbildung absurd. Ich glaube, es waren damals eher Existenzängste, die mich dazu motiviert haben.“

Seine Studienzeit an der Filmakademie hat Carsten Bunte als eine spannende und lehrreiche Zeit in Erinnerung. „Zuerst lernte ich, damit umzugehen, dass man sich an der Filmakademie ständig mit anderen misst und sich handwerklich immer irgendwie unterlegen fühlt.“ Danach aber, so Bunte, sei er ganz im Studium der Filmakademie aufgegangen. „Die Filmakademie ist wie Fahrradfahren: Man lernt am meisten durch Ausprobieren. Ganz nach dem Motto: Setz dich drauf und knall halt mal hin! Man lernt, seine Kräfte gut einzuteilen und mit dem Moment der Überforderung umzugehen. Das ist sehr wichtig.“ Ein besonders erfüllendes Projekt stellte sein Diplomfilm DER RATTENKÖNIG aus dem Jahr 2003 dar, bei dem Pawel Kocambasi Regie führte. „Es gab an der Filmakademie einen Regisseur, mit dem ich unbedingt zusammenarbeiten wollte, und das war Pawel Kocambasi. Wir haben uns im ‚Blauen Engel’ getroffen, kennengelernt und von da an viel zusammengearbeitet. In unserem Team waren nur Leute, mit denen jeder von uns gut arbeiten konnte. Das war fantastisch.“

Nach seinem Abschluss nahm er sich erst einmal Zeit, um sich neu zu orientieren. „Die Produktion meines Diplomfilms war eine so beglückende Erfahrung gewesen, dass ich fast ratlos war, wie ich das noch steigern wollte.“ Doch noch im selben Jahr, 2003, bekam Bunte mit, dass Animationsabsolventen der Filmakademie dabei waren, in Ludwigsburg ein Studio zu gründen. Er nahm an einem Vortreffen teil, sagte seine Beteiligung direkt zu und gründete gemeinsam mit sechs anderen Alumni das Studio Soi. „Wir gaben uns ein Jahr, um herauszufinden, ob sich das lohnt, und es hat super geklappt. Bis 2008 waren wir immer rund zehn Leute, die mitarbeiteten, und wir entschieden unter uns sieben Gründern alles demokratisch. 2008 bekamen wir auf einmal einen größeren Auftrag und sind seitdem gewachsen auf bis zu vierzig Mitarbeiter, je nach Projekt.“ Auch im Studio Soi übernehme er hauptsächlich die Aufgaben der Produktion, Filmförderung und Administration, habe sich aber Stück für Stück in die Animation eingearbeitet. Finanziell habe es dank der Filmförderung, die das Studio Soi erhielt, immer gereicht, auch wenn das Geld in der Anfangszeit schon etwas knapp gewesen sei. „Ich erinnere mich noch an folgende Situation: Michael Sieber, ebenfalls Mitgründer, und ich saßen mal im Gespräch auf dem Fußboden des Film- und Medienzentrums, als er beschloss, noch sein gesamtes angespartes Konfirmationsgeld in die Firma zu stecken.“

Von den ehemals sieben Gründern sind heute noch fünf dabei. „Wir kennen uns so gut, das ist ein großes Glück. Ich muss meine Kollegen nur anschauen und weiß, wie sie sich fühlen.“ Der Schwerpunkt von Studio Soi liegt auf der Character Animation im narrativen Bereich. „Anfangs haben wir noch mehr Verschiedenes gemacht, aber bei jedem Projekt ein bisschen mehr versucht, in das Erzählerische reinzukommen.“ Grundsätzlich aber passe sich das Studio immer dem Auftrag an und nicht umgekehrt, erzählt Bunte, somit sei das Studio nur Mittel zum Zweck. Was den Workflow betrifft, sei in den meisten Fällen das Gefühl einer leichten Überforderung der beste Begleiter. „Es hat sich immer gut angefühlt, wenn wir so circa zehn Prozent Überforderung gespürt haben. Als wir 2008 bis 2012 drei BBC-Weihnachtsfilme hintereinander gemacht haben, fehlte beim dritten einfach die Spannung, weil wir schon genau wussten, wie es geht. Zehn Prozent Magengrummeln machen ein Projekt letzten Endes besser.“

Mit ihrem Standort Ludwigsburg sind die Mitarbeiter des Studio Soi sehr zufrieden. „Nur hier gibt es so ein ideales, wohlwollendes Umfeld. Die Unterstützung, die wir hier spüren für das, was wir machen, ist an keinem anderen Ort so groß.“

Obwohl Carsten Bunte zu Beginn seines Studiums gar nicht unbedingt Filmproduzent werden wollte, liebt er seinen Job bei Studio Soi. „Im Gegensatz zu meiner Produzententätigkeit zu Studienzeiten bin ich hier viel stärker in das Ganze eingebunden. Wir kennen uns im Team so gut, teilen alle Erfolge und Niederlagen und werden zusammen alt. Das ist ein sehr großes Glück.“ Seit seiner Zeit an der Filmakademie hat auch der permanente Stress etwas nachgelassen. „An der Filmakademie habe ich manchmal so viel gearbeitet, dass ich dann für ein paar Wochen einfach gar keine Energie mehr hatte. Das mache ich heute schon lange nicht mehr. Für einen Sprint muss man sofort danach zahlen, das lernt man in der eigenen Firma. Nun ist es eher ein Marathonlauf, bei dem man sich die Kräfte einteilt.“

Alumni-Profil

Autorin: Meike Katrin Stein