Alexander Kiesl & Steffen Hacker, Absolventen Animation

„Wir hatten immer unseren Spaß. Bis heute.“

Unzertrennlich: Die Animations-Alumni Steffen Hacker und Alexander Kiesl arbeiten seit ihrem Diplomfilm RACING BEATS von 2005 regelmäßig zusammen und sind schon lange nicht mehr nur als CG-Artists, sondern vor allem als Werberegisseure bei der Firma unexpected in Stuttgart tätig.

Kennengelernt haben sich die beiden tatsächlich bei der Aufnahmeprüfung an der Filmakademie. Alexander Kiesl hatte sich bereits im Jahr 2000 beworben, war abgelehnt worden, wusste aber grob, wie der Hase an der Akademie zu laufen schien. „Wir warteten also zusammen vor Prof. Haegeles Zimmer auf unser Gespräch, und ich hatte massenweise technisches Wissen zu visuellen Effekten in einem Ordner zusammengestellt. Alex riet mir dann, das keinesfalls zum Thema des Gesprächs zu machen, da er wusste, dass man am Animationsinstitut weniger Techniker als vielmehr Künstler sucht“, witzelt Steffen Hacker.

Alexander Kiesl hatte bereits vor der Akademie mit anderen Partnern die unexpected GmbH gegründet, welche heute Aufträge für Adidas, Audi, Fanta, Vestel oder Media Markt umsetzt. Mit Steffen wiederum arbeitete er schon während der Studienzeit zusammen an externen Projekten, insofern es zeitlich möglich war.

Kreativ scheint das Duo durchweg auf einer Wellenlänge zu sein. „Meine Frau sagt immer, Steffen und ich sind wie ein altes Ehepaar, aber im guten Sinne: Wir streiten nie, ergänzen uns perfekt, haben dieselben Interessen für technische Spielzeuge und Filme“, meint Alexander. Das gilt auch für die Arbeit an Projekten: Während sich der eine beispielsweise am Set mit der Agentur und dem Kunden beschäftigt, arbeitet der andere intensiv mit den Schauspielern; dann erfolgt ein fliegender Wechsel, aber die kreative Sprache bleibt die gleiche.

An der Filmakademie probierte sich jeder allerdings zuerst individuell in jeweils eigenen Projekten aus. Das erste gemeinsame Projekt entstand im ersten Studienjahr aus der Überschneidung des Regie- und Kameraquartals. Steffen erlebte „Film + Medien 1“ als fantastischen Blick über den Tellerrand - Man konnte sich ausprobieren, was er unter anderem im Kurs Filmgestaltung 1 tat. Währenddessen setzte Alexander einen experimentellen Stop-Motion-Kurzfilm um, in dem ein Käfer und ein Schmetterling Kafka zitieren. Jedoch waren sich beide Studenten einig: Das erste Jahr ist mehr als nur eine Spielwiese. Die Aufteilung in die vier Quartale, welche das handwerklich-künstlerische filmische Grundwissen vermitteln, halten Alexander und Steffen immer noch für eine sehr gute Idee.

Auch Angebote wie das Pitching-Training bei Sibylle Kurz haben einen stark positiven Eindruck bei dem Werberegie-Duo hinterlassen. Heutzutage stellen sie jedes Projekt im Rahmen eines Pitches vor; sie sind ein wichtiger Teil des Arbeitsalltags. „Der Filmakademie-Pitch sowie das vorbereitende Training waren defintiv Gold wert!“

Visual Effects aber sollten im Fokus ihrer Arbeit stehen, das stand für beide von Anfang an fest. Während Steffen visuelle Effekte für KI.KA-Sendungen schuf, baute Alexander die VFX-Unit seiner Firma unexpected weiter aus. Die Freiräume, neben dem Unterricht an VFX-Projekten zu arbeiten, waren gegeben. Man konnte an VFX-Shots für die Regie-Studierenden werkeln und sich sogar an einer Doku mit Full-CG-Elementen ausprobieren. „Ich habe es geliebt, bei Diplomprojekten höherer Jahrgänge mitzuarbeiten“, so Steffen. Schlaf war dabei meist zweitrangig für ihn.

Generell war der Unterricht sehr gut, besonders in den kreativen Einheiten. Zum Beispiel die Vorlesung „Stilanalysen“ zu Filmgeschichte und -theorie bei Fred van der Kooij, die man aber vielleicht erst mit etwas „Altersweisheit“ richtig zu schätzen weiß, findet Steffen. Dennoch bemerkt Alex, dass tatsächlich relativ wenig Handwerk und Technik gelehrt wurde.

Nach dem Animationsdiplom wussten sie kaum etwas über die Werbebranche, hatten aber festgestellt, dass einige Kommilitonen aus dem Bereich Werbefilm großen Respekt vor Meetings und Pitchings hatten. Diese Angst mussten Alex und Steffen nie durchmachen, sie nutzen Pitches heute nur allzu gern, um den Ton für die fortlaufende Produktion zu setzen. Und sie haben großen Spaß dabei. Bei diesen Meetings mit Agenturen werden regelmäßig Visionen zerstört - der Kunde hat nun mal seine eigenen Vorstellungen. „Wir bereiten dabei das Projekt als Regie-Duo vor, untermauern dann den Film durch VFX und Steffens Fähigkeiten im Schnitt“, so Alexander.

Schon seit einiger Zeit kann sich unexpected den Luxus erlauben, Aufträge nach Interesse auszuwählen. Dabei nehmen Kiesl und Hacker zumeist Jobs an, welche sie auch kreativ ausreichend fordern. Zu den Highlights gehört ein vierwöchiger Dreh in Neuseeland. Es wurde mit Snoop Dog auf einem Hochhaus in Los Angeles gedreht und in einer geheimen Militärbasis in der Türkei.

Trotz des Erfolgs in der Werbung fehlt Hacker und Kiesl die Arbeit an Spielfilmen. Werbung bietet einen kurzen, vielfältigen und fokussierten Zeitraum der Projektarbeit. So nennen beide die Arbeit an szenischen Werbespots scherzhaft das „Feature Film Bootcamp“ - viele unterschiedliche Crews, viele Reisen, Sprachbarrieren, der Zwang, am Set in Windeseile zu reagieren. Um das Bootcamp nun zu verlassen, arbeiten Alex und Steffen derzeit mit ihrem Agenten in L.A. an einem Langfilmprojekt. Dafür wurde 2015 ein fünfminütiger „Proof-of-Concept-Film“ in Form eines Trailers gedreht und aus eigener Tasche finanziert. Darin taucht auch ein altbekanntes Motiv der unexpected GmbH auf: Es geht um Roboter.

Der Kontakt zu Alumni der Filmakademie und alten Freunden aus der Zeit in Ludwigsburg besteht noch heute: ehemalige Studierende aus der Werberegie, Dokumentarfilmer - quer Beet. Das Filmakademie-Band hält, weil das Studium eine intensive und prägende Zeit ist, meint Alexander Kiesl. Oft ist es aufgrund der vielen Drehs natürlich nur per Facebook oder E-Mail möglich, den Kontakt zu halten, aber man trifft sich immer noch oder hilft mit ein paar Effekten bei aktuellen Spielfilmen der alten Kommilitonen aus.

Die Frage, ob sie jemals den Wunsch gehabt hätten, das Studium abzubrechen, verneinen beide einstimmig. „Wir haben nie gelitten, hatten immer unseren Spaß. Bis heute! Wenn man den Spaß in der Branche nicht hätte, würde man an dem Druck kaputtgehen“, findet Alexander Kiesl. Für Animation war und ist das Animationsinstitut der Filmakademie einfach die beste und renommierteste Ausbildungsstätte in Deutschland. Darin sind sich Kiesl und Hacker einig. Die Reputation ist perfekt, selbst in L.A. oder im tiefsten indischen Hinterland finde man immer wieder Leute, die die Filmakademie kennen.

Dennoch hat sich die Filmakademie verändert und ist mit der Zeit gegangen, findet Alex. Die Stimmung scheint erwachsener, und es gibt mehr Strukturen als früher. Ab und an trifft man das Duo auch weiterhin bei Workshops am Animationsinstitut. Dabei fällt ihnen auf, dass immer mehr Studierende der Illusion unterliegen, ohne fundierte Wissensbasis direkt als VFX Supervisor einsteigen zu können. „Aber es wird wieder besser in den letzten Jahren. ‚AI’-Studenten waren schon immer ein ganz besonderer Schlag Filmstudenten – und das bleibt hoffentlich auch so!“ ergänzt Steffen.

Vor zehn Jahren machten Alexander Kiesl und Steffen Hacker ihr Diplom mit einem effektlastigen Werbespot. Noch heute sind Steffen und Alex - ganz abgesehen von den Produktionsumständen - sehr zufrieden mit RACING BEATS und würden auch im Jahr 2015 kaum etwas anders machen. Der Film hat beiden zu dem verholfen, was sie heute sind. „Dafür sind wir dankbar, und darüber sind wir auch sehr happy.“

Alumni-Profil Alexander Kiesl

Alumni-Profil Steffen Hacker

Autor: Sebastian Ingenfeld