Alexander Buresch, Absolvent Drehbuch

Die Ohren immer ganz weit offen

Mit 21 Jahren bewarb sich Alexander Buresch zum ersten Mal an der Filmakademie, wurde abgelehnt. „Damals war ich enttäuscht, aber rückblickend war das super, denn zu der Zeit war ich noch viel zu jung für die Filmakademie,“ erzählt er heute. Zunächst sei er zwar mehr an Regie interessiert gewesen: „Ich bin eher ins Drehbuchfach reingeschlittert.“ Doch schon bald war klar: „Drehbuch ist der Bereich, in dem ich richtig aufgehoben bin.“ Das merkt man auch im Gespräch mit ihm: Während er redet, beobachtet er sehr genau seine Umgebung, agiert und re-agiert, lässt sich vom Alltag inspirieren. „Ich habe die Ohren immer ganz weit offen, wenn mir jemand etwas erzählt. Alles, was ich so höre, wird ausgeschlachtet, aber natürlich auf respektvolle Art und Weise,“ sagt er fröhlich und beginnt dann selbst, etwas über seinen Werdegang zu erzählen.

Aufgewachsen ist Alexander Buresch im Remstal. „Wir hatten zuhause eine schwere, alte Triumph-Schreibmaschine, und ich weiß noch, dass ich die Vorstellung super fand, dass das eines Tages mein Arbeitsgerät sein könnte.“ In seiner Jugend musizierte er viel und wollte zunächst Gitarre studieren, begann aber nach dem Schulabschluss lieber ein Studium der Schauspieldramaturgie in München. Nebenher jobbte er als Regieassistent in Theater und Oper. „Da habe ich viel fürs Schreiben und Geschichtenerzählen mitgenommen. Ein Drehbuch ist auch immer ein Gebrauchstext, und hier habe ich gelernt, was die Schauspieler brauchen und was ihnen ein Drehbuch geben muss.“ Zum eigenen Schreiben kam Buresch auch über seine Tätigkeit als Regieassistent. Der Schweizer Theaterregisseur Jürg Schlachter übertrug ihm die Aufgabe, einzelne Szenen selbst zu schreiben und rief eines Tages begeistert: „Du musst Drehbücher schreiben!“ Jürg Schlachter wurde Mentor und väterlicher Freund, die beiden haben bis heute Kontakt. „Es hilft sehr, wenn du Leute um dich herum hast, die an dich glauben.“

Also bewarb Alexander Buresch sich erneut an der Filmakademie und wurde in den Studienschwerpunkt Drehbuch aufgenommen. In Ludwigsburg fühlte er sich von Anfang an wohl und gut aufgehoben. „Die Filmakademie ist wie ein eigenes Biotop, in dem man sich verwirklichen kann. Man ist nicht so abgelenkt von der Außenwelt, da Ludwigsburg nicht so belebt ist wie Berlin oder München. Die Zusammenarbeit an Projekten hat einen anderen Stellenwert und es ist leichter sich völlig darauf zu konzentrieren.“ Auch zu einigen Kommilitonen fand er schnell den Kontakt und lernte unter anderem Alain Gsponer (Regie), Matthias Pacht (Drehbuch), Bernd Lange (Drehbuch) und Kai Ehlers (Regie) kennen, mit denen ihn bis heute eine enge Zusammenarbeit und großes Vertrauen verbinden. „Die Filmakademie hat da vier Ehen gestiftet und dafür bin ich ihr ewig dankbar,“ lacht er und fügt hinzu: „Leute zu haben, auf die man sich total verlassen kann und mit denen einen diese große Loyalität verbindet, ist ein Geschenk. Als Drehbuchautor ist man sonst häufig Einzelkämpfer.“ Alexander Buresch arbeitet am liebsten abwechselnd im Team und alleine. „Einen Partner zu finden, mit dem man durch diesen intimen Prozess des Schreibens gehen kann, ist etwas sehr Besonderes. Du bist ständig in der Reibung, lernst viel über den kreativen Prozess und setzt dich immer wieder aufs Neue damit auseinander.“

Gerade diese ständigen Reibungen, denen man sich als Künstler zu stellen hat, führten in seiner Studienzeit zu einem Break nach dem dritten Jahr. „An der Filmakademie ist der Output sehr hoch und da besteht die Gefahr, dass wir Drehbuchautoren zu 'Nutzvieh' verkommen. Der Druck, das Produkt, den Film, das Projekt so hinzukriegen, dass es sich auf dem Markt durchsetzt, ist manchmal sehr hoch. Ich hätte mir oft eine viel stärker begleitende Betreuung im Schreibprozess gewünscht.“ Der Druck und zu viele Projektanfragen gleichzeitig brachten ihn dazu, mit dem Studium ein Jahr lang zu pausieren. Auch Selbstzweifel spielten in dieser Zeit eine große Rolle. „An der Filmakademie wird immer das eigene Selbst in Frage gestellt, ständig muss man sich damit auseinandersetzen.“

Der Break gab ihm die nötige Zeit nachzudenken und zu sich selbst zurückzufinden, und nach seinem Urlaubsjahr war für ihn plötzlich klar, dass er sein Studium an der Filmakademie auf jeden Fall fortsetzen wollte. Schon bald begannen neue spannende Projekte, zum Beispiel der Film KIKI UND TIGER, bei dem Alain Gsponer Regie führte und der große Aufmerksamkeit bekam.

Nach seinem Diplomabschluss jobbte er noch ein Jahr nebenher, doch seitdem kann Alexander Buresch vom Drehbuchschreiben leben. Zudem gibt er an acht Tagen im Jahr Seminare in Ludwigsburg. „Dass ich an der Filmakademie unterrichten darf, ist wirklich eine Ehre für mich“, erzählt er. „Es ist toll, gelernte Sachen weitergeben zu können.“ So betreut er zum Beispiel die Studierenden aus dem dritten Drehbuch-Studienjahr bei ihrer Treatment-Entwicklung und gibt ein Seminar für Schauspielstudierenden. „Das Prinzip der Filmakademie, dass du von Leuten aus der Praxis unterrichtet wirst, ist einfach super.“

Bei Projektanfragen spielen für ihn neben der Thematik besonders die „Chance auf Realisierbarkeit“ und die Partner, mit denen man im Team zusammenarbeiten darf, eine große Rolle. Auch völlig neue Aufgaben und Herausforderungen nimmt er gerne an. „Wenn sich Türen vor einem öffnen, ist man ja blöd, wenn man nicht zumindest mal reinguckt.“ An eine dieser Türen, nämlich an seinen Debutfilm ROSE (Regie: Alain Gsponer), erinnert er sich besonders gerne. „Der Film war eine Fernsehproduktion, die sehr große Aufmerksamkeit bekam und unter anderem auch den Deutschen Fernsehpreis erhielt. Dadurch sind wir plötzlich auf einer anderen Ebene auf dem Radar aufgetaucht.“

Auch in seiner Freizeit sieht sich Alexander Buresch gerne Filme an und schafft dies, ohne die Handlung gleich in ihre analytischen Bausteine zu zerlegen. „Das naive Gefühl von Begeisterung beim Filmeschauen, einen Film wie ein Kind anzuschauen und dieses 'Eingesogenwerden' von der Geschichte muss man kultivieren.“

Neben den Beobachtungen, die er im Alltag macht, sucht er auch an anderen Orten nach Inspiration: „Ich lese viel und sehe mir außerdem besonders gerne Dokumentarfilme an, da diese oftmals abseitige Themen behandeln.“ Aus diesen Themen entstehen dann die Ideen zu neuen Geschichten.

„Eine lebhafte Fantasie gehört zum Drehbuchschreiben, ebenso Kreativität, aber auch analytisches Verständnis,“ zählt er auf. „Man befindet sich als Drehbuchautor immer im Dialog mit anderen. Das ist anfangs frustrierend, weil jeder mitreden möchte, wenn man etwas schreibt. Aber durch die analytische Komponente lernt man diese Strukturen zu verstehen und mit dem Feedback, das man bekommt, richtig umzugehen.“

Um den Kopf freizubekommen, praktiziert er seit fast zwölf Jahren Yoga. „Yoga ist ein super Ausgleich zur sitzenden Tätigkeit und hilft mir dabei, meine Arbeit auch mal loszulassen.“ Dennoch, so betont er, seien Arbeit und Freizeit bei ihm niemals strikt getrennt, Beobachten und Schreiben gehörten einfach immer dazu. „Die Arbeit ist überall, und das ist auch schön.“

Alumni-Profil

Autorin: Meike Katrin Stein