Sebastian Mittag, Absolvent Interaktive Medien

Sebastian Mittag – Game Director

Sebastian Mittag studierte von 2008 bis 2011 an der Filmakademie Baden-Württemberg im Studienschwerpunkt Interaktive Medien und gründete im Zuge seines Diploms zusammen mit Kommilitonen das Studio Fizbin, um sein erstes, sehr erfolgreiches Computerspiel THE INNER WORLD herausbringen zu können.

Vor seinem Studium an der Filmakademie absolvierte Sebastian zunächst ein Studium in Medienproduktion an der Hochschule Ostwestfalen-Lippe in Lemgo, ganz in der Nähe seines Heimatortes Bielefeld – ein breit gefächertes Medienstudium, das ihn erstmals mit Programmierung in Kontakt brachte. Jedoch wollte er schon bald seinen Horizont erweitern und stieß dabei auf den Studienschwerpunkt Interaktive Medien an der Filmakademie Baden-Württemberg. „Ich wollte einfach noch ein Mal über den Tellerrand hinausblicken, und da schien mir dieser Studienschwerpunkt perfekt,“ erinnert sich Sebastian zurück. So begann er sein zweites Studium und stieg als Quereinsteiger im dritten Studienjahr ein. „Ich habe zu Beginn aber trotzdem die ganzen Basiskurse mitgemacht, beispielsweise über Sicherheit am Set - lustigerweise habe ich während meiner Zeit an der Akademie aber nicht einen klassischen Film gedreht.“ Der Studienschwerpunkt hat die Entwicklung von crossmedialen Inhalten zum Inhalt. Für sich legte Sebastian den Fokus auf „Games“.

Vor allem an die hochkarätigen Gastdozenten erinnert er sich gut zurück: „Unsere leitende  Dozentin Inga von Staden lud so viele kreative Leute ein, die alle unglaublich nett waren und uns durch ihre weltoffene Art inspirierten. Und sie eröffneten einem auch die Branche.“ So verhalfen ihm und seinen Kommilitonen beispielsweise Teut Weidemann und Christopher Schmitz – bekannte Größen der Deutschen Computerspiel-Szene – dazu, auf Messen wie der „Gamescom“ erste Kontakte zu knüpfen.

Ein Workshop am Bodensee – der „Content-Lab-Workshop“ – sollte dann Sebastians Zukunft langfristig beeinflussen: Konzepter, Animations-Studierende und Informatiker kamen hier zusammen, um mit ihren verschiedenen Fähigkeiten transmediale Inhalte zu kreieren. Hier lernte er Alexander Pieper kennen, einen Informatik-Studenten von der Hochschule Ravensburg-Weingarten. Gemeinsam entwickelten sie eine fantastische Welt, die aus einem gigantischen Hohlraum besteht, vollständig von Erdreich umgeben ist und von fantasievollen Kreaturen bevölkert wird – THE INNER WORLD.

Alexander Pieper folgte Sebastian an die Filmakademie, damit sie gemeinsam an THE INNER WORLD weiterarbeiten konnten. Ihr Ziel war es, ein klassisches Point & Click Adventure zu entwickeln. Verstärkung erhielt das Team durch die Designerin Mareike Ottrand, einer Kommilitonin, die Sebastian bereits von seinem ersten Studium in Lemgo kannte und mit der er schon viele Projekte verfolgt hatte.

Während eines Akademie-Festes traf das Team um Sebastian Mittag dann die große Entscheidung: „Wir drei konnten sehr unterschiedliche Sachen, waren uns aber auch irgendwie ähnlich. Also beschlossen wir, gemeinsam eine Firma zu gründen.“ Am Tag der Diplomprüfung standen sie im Gewerbeamt Ludwigsburg, um ihre Firma eintragen zu lassen: Studio Fizbin. „Das war etwas verstörend, denn dieser Beamte war sehr langsam und hat jeden Stempel extra angefeuchtet, dabei mussten wir ja eigentlich weiter. Zwei Stunden später standen wir dann in der Prüfung und sagten: Wir haben jetzt 'ne eigene Firma. Dann konnten sie uns unmöglich durchfallen lassen,“ erinnert sich Sebastian augenzwinkernd.

Parallel zu ihrem Abschluss reichte das Team einen Förderantrag bei der Medien- und Filmgesellschaft (MFG) ein, welcher bewilligt wurde. Gleichzeitig konnten Kunden aus vorheriger Freiberuflichkeit übernommen werden, so dass dem erfolgreichen Start der jungen Firma nichts mehr im Wege stand. Doch bald stellte sich angesichts der finanziellen Herausforderungen Ernüchterung ein: „Wir mussten unser Spiel radikal verschlanken, wenn wir es tatsächlich auf den Markt bringen wollten. Aber das war ein sehr heilsamer Prozess.“

So dauerte es nach der Firmengründung im März 2011 noch einmal zwei Jahre, bis THE INNER WORLD endlich zum Verkauf angeboten werden konnte. Den größten Absatz feierte es in Deutschland, aber auch international erregte das Spiel Aufmerksamkeit. Es folgten diverse Auszeichnungen. „Natürlich war es gut, dass Tausende unser Spiel gekauft haben, aber das Schönste waren einzelne, persönliche E-Mails von Fans, denen das Spiel gefallen hat – am Ende eines Arbeitstages macht das den Unterschied.“

Nach dem Abschluss von THE INNER WORLD entstand eine Lücke für die junge Firma, hatte sie sich bislang ausschließlich über die Arbeit an diesem Spiel definiert. Was sollte danach kommen? Studio Fizbin verstand sich nie als Dienstleister, obgleich externe Aufträge unabdingbar für das Überleben am Markt sind. Doch der Grundgedanke bei der Gründung dieser Firma war es immer, etwas Eigenes erschaffen zu wollen.

So arbeitet Studio Fizbin derzeit an einem neuen Projekt, BEYOND THE MOUNTAINS, einem Survival-Action-Adventure, das auf den Werken von H. P. Lovecraft basiert und eine andere Richtung einschlägt, als es THE INNER WORLD mit seiner klassisch-narrativen Form tut. „Wir orientieren uns beim Design unserer Spiele nicht unbedingt am Massengeschmack. Wichtig ist uns, dass wir voll dahinter stehen können, immerhin verbringen wir ja sehr viel Lebenszeit damit.“

Während Studio Fizbin also weiterhin auch externe Aufträge erledigt, schafft es das Team, seine eigenen Visionen zu verfolgen. Trotz des harten Überlebenskampfes ist Sebastian Mittag sehr glücklich, Computerspiele zu entwickeln. „Das Studium an der Filmakademie hat mir den Horizont und den Mut gegeben, eine eigene Firma zu gründen und etwas Eigenes zu schaffen. Sonst wäre ich bestimmt nicht ein solcher Freigeist geworden. Und das möchte ich auch bleiben.“

Alumni-Profil

Autor: Frank Kayan